Direktzahlungen stärken die familiäre Beschäftigung auf dem Betrieb

Franziska Zimmert und Alexander Zorn*

Die Beschäftigung im Agrarsektor ist in vielen europäischen Ländern besonders in der Nutztierhaltung rückläufig. Wir untersuchen, ob Direktzahlungen diesem Trend entgegenwirken können. Unsere Ergebnisse zeigen, dass sie vor allem die Beschäftigung weiblicher Familienarbeitskräfte auf dem Betrieb erhöhen und somit die traditionelle Familienlandwirtschaft stärken.

Direktzahlungen gelten als mögliche Massnahme zur Stärkung des ländlichen Raums, da sie das Einkommen bäuerlicher Familien stützen. Im Rahmen des Strukturwandels, der auch durch einen Rückgang der Erwerbstätigen – besonders in der Nutztierhaltung – gekennzeichnet ist (Hostiou et al., 2020), gewinnt diese These an Bedeutung.

Wie wirken sich Direktzahlungen auf die familiäre Beschäftigung bei Milchviehbetrieben aus?

In einer empirischen Studie wurde darum für die Schweiz untersucht, ob und wie sich Direktzahlungen auf die betriebliche Beschäftigung auswirken. Deren Ergebnisse wurden kürzlich in der Fachzeitschrift Q Open veröffentlicht (Zimmert & Zorn, 2022). Dabei lag der Fokus auf spezialisierten und kombinierten Milchviehbetrieben, da diese als besonders arbeitsintensiv und vom Strukturwandel betroffen gelten. Die Analyse wurde für die Jahre 2014 bis 2016 durchgeführt. Um geschlechterspezifische Erwerbsmuster darstellen zu können, wurde zwischen männlichen und weiblichen Familienarbeitskräften unterschieden. Die Betriebsleiterin oder der Betriebsleiter zählen zu den Familienarbeitskräften.

Um den Effekt der Direktzahlungen identifizieren zu können, wurden Betriebe mit Sitz in der Hügelzone mit Betrieben in der Talzone verglichen. Dabei liegt die Annahme zugrunde, dass sich Betriebe an einer landwirtschaftlichen Zonengrenze sehr ähnlich sind, aber im Bezug von Direktzahlungen – insbesondere der Kulturlandschaftsbeiträge – unterscheiden. Tatsächlich erhält ein durchschnittlicher Betrieb der Hügelzone direkt an der Zonengrenze 3’000 Franken mehr an Direktzahlungen als ein entsprechender Talbetrieb.

Direktzahlungen führen zu mehr weiblichen Familienarbeitskräften auf dem Betrieb

Die Ergebnisse zeigen, dass Direktzahlungen zwar keinen Effekt auf die Anzahl der männlichen Familienarbeitskräfte haben, es aber auf Betrieben der Hügelzone leicht mehr weibliche Beschäftigte gibt: Steigen die Direktzahlungen um 50’000 Franken, führt dies zu einer zusätzlichen weiblichen Familienarbeitskraft. Dieser Betrag entspricht dem Zehnfachen der Kulturlandschaftsbeiträge in der Hügelzone bzw. etwa 80 Prozent des durchschnittlichen Arbeitsverdienstes einer Familienarbeitskraft im Talgebiet (BLW, 2020). Obwohl die Ergebnisse auf Hügelbetriebe nahe der Zonengrenze zutreffen, kann es ähnliche oder grössere Effekte für Gebiete, in denen sonstige Beschäftigungsmöglichkeiten rar sind, geben.

Fazit

Da die deutliche Mehrheit der Betriebe von einem Mann geleitet wird, betrifft das zusätzliche Beschäftigungspotential in der Regel die Partnerin. Sozialpolitisch ist das ein zwiespältiges Ergebnis, denn Familienarbeitskräfte erhalten häufig keinen Lohn und sind somit nicht ausreichend sozial abgesichert. Um negative Nebeneffekte zu vermeiden, sollte das Thema der sozialen Absicherung der Bäuerin deshalb an Bedeutung gewinnen. Auf der anderen Seite kann es auch fraglich sein, ob im ländlichen Raum ausserhalb des Betriebs eine adäquate Anstellung zu finden ist.

Die Studie zeigt, dass Direktzahlungen zu den Zielen der Agrarpolitik beitragen können, indem sie die Beschäftigung im ländlichen Raum stärken.

Referenzen

BLW – Bundesamt für Landwirtschaft (2020). Agrarbericht. https://agrarbericht.ch/download/pictures/e5/2plte5ut0tfsu09ixeh5vf9387njdi/agrarbericht_2020_d.pdf.

Hostiou N., Vollet D., Benoit M. & Delfosse C. (2020). Employment and farmers’ work in European ruminant livestock farms: a review. Journal of Rural Studies, 74, 223–234. doi: 10.1016/j.jrurstud.2020.01.008.

Zimmert, F. & Zorn, A. (2022). Direct payments and on-farm employment: Evidence from a spatial regression discontinuity design. Q Open, Special Issue “Evidence-Based Agricultural and Food Policy – Role of Research for Policy Making”, 1–23. doi: 10.1093/qopen/qoac024

Kontakt

Franziska Zimmert, Agroscope

Tänikon 1, 8356 Ettenhausen

Franziska.zimmert@agroscope.admin.ch

Anmerkung

Der Beitrag ist Teil des Special Issues zu ‘Evidenzbasierter Agrar- und Ernährungspolitik – Rolle der Forschung für die Politikgestaltung’ in der Fachzeitschrift Q Open. Dieser Special Issue wird durch die SGA (Schweizerische Gesellschaft für Agrarwirtschaft und Agrarsoziologie) realisiert. Gast-Editoren sind die SGA Vorstandsmitglieder Nadja El Benni, Robert Finger und Christian Grovermann. https://academic.oup.com/qopen/pages/cfp-evidence-based-agricultural-and-food-policy

Der Beitrag ist auch in der Agrarforschung Schweiz erschienen: Direktzahlungen stärken die familiäre Beschäftigung auf dem Betrieb – Agrarforschung Schweiz (agrarforschungschweiz.ch)

Cet article est également paru en français dans la Recherche Agronomique Suisse:  Les paiements directs renforcent la main-d’œuvre familiale sur l’exploitation – Recherche Agronomique Suisse (agrarforschungschweiz.ch/fr)

This blog post is also available in English:  Direct Payments Bolster Family Employment on the Farm – Swiss Agricultural Research (agrarforschungschweiz.ch/en)

* Die Autoren arbeiten beide bei Agroscope.

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About Robert Finger

I am Agricultural Economist and head of the Agricultural Economics and Policy Group at ETH Zurich. Group Website: www.aecp.ethz.ch. Private Website: https://sites.google.com/view/fingerrobert/home