Gewächshäuser and Beschäftigung: Empirische Evidenz aus Ecuador

Von Henry Stemmler and Eva-Marie Meemken*

Der Einsatz von Technologie und Maschinen in der Landwirtschaft kann erhebliche Auswirkungen auf die Schaffung und Erhaltung von Beschäftigungsmöglichkeiten haben. Dabei gibt es enorme Unterschiede zwischen Technologien, da manche komplementär und andere substitutiv zu menschlicher Arbeit wirken. Solche Effekte sind Insbesondere für Entwicklungs- und Schwellenländer von großer Bedeutung, wo der Agrarsektor für einen großen Anteil an Arbeitsplätzen verantwortlich ist. Wir untersuchen in einem in der Zeitschrift Food Policy veröffentlichten Artikel wie sich die wachsende Nutzung von Gewächshäusern in Ecuador auf die Arbeitsnachfrage auswirkt (Stemmler und Meemken, 2023).

Wie wirkt sich landwirtschaftliche Technologie auf die Beschäftigung aus? Obwohl dies eine der grundlegenden und am häufigsten gestellten Fragen in der Agrar- und Entwicklungsökonomie ist, gibt es noch immer nur begrenzte Evidenz für viele landwirtschaftliche Technologien. Dies trifft auch auf Gewächshäuser zu, durch deren Nutzung Einflüsse von externen klimatischen und saisonalen Bedingungen begrenzt, und günstige Wachstumsbedingungen für Pflanzen geschaffen werden sollen. In Anbetracht von Klimawandel und Bevölkerungswachstum haben Technologien wie Gewächshäuser eine wachsende Bedeutung zur Steigerung der landwirtschaftlichen Produktivität und der Entkopplung der Produktion von der Landnutzung (Smith et al., 2014; Benke und Tomkins, 2017; Engler und Krarti, 2021).[1] Obwohl der Anbau in Gewächshäusern zunimmt und für die Gewährleistung einer gesunden Ernährung  eine größere Rolle spielt, gibt es keine Belege dafür, wie sich die Technologie auf die Beschäftigung auswirkt. Da der Agrar- und Ernährungssektor in vielen Ländern niedrigen Einkommens, und insbesondere in ländlichen Regionen, für die Schaffung von Beschäftigungsmöglichkeiten von großer Wichtigkeit ist (Christiaensen, Rutledge und Taylor, 2021), ist empirische Evidenz über die Auswirkung auf Beschäftigung wichtig, um transformative Technologien bewerten und regulatorische Entscheidungen informieren zu können.

In einem in der Zeitschrift «Food Policy» publiziertem Artikel liefern wir solche Evidenz auf Grundlage von national repräsentativen landwirtschaftlichen Daten aus Ecuador zwischen 2014-2021 (Stemmler und Meemken, 2023). Abbildung 1 zeigt deskriptiv, dass Gewächshausbetriebe größere Anteile an weiblichen Beschäftigten, sowie Beschäftigten mit permanenten Verträgen haben, während Arbeiter in nicht-Gewächshausbetrieben häufiger Männer und Familienmitglieder sind.

Abbildung 1: Anteil von Beschäftigten nach Anbaumethode

Die Abbildung zeigt den durchschnittlichen Anteil von Arbeitern in Gewächshäusern und Nicht-Gewächshäusern.

In unserer empirischen Analyse nutzen wir Pseudo-Panel-Methoden, indem wir Daten von Agrarbetrieben auf dem Level von 17.000 sogenannten Segmenten aggregieren. Unsere Schätzergebnisse zeigen, dass Segmente, die intensiver Gewächshausanbautechniken nutzen, eine größere Anzahl von Arbeitern einstellen. In unserer Analyse kontrollieren wir für zeitlich konstante Variation auf Segmentebene, alle Veränderungen über Zeit auf Provinzebene sowie für Informationen von Betrieben, die wir unseren Daten entnehmen. In einer zweiten Analyse teilen wir die Arbeiter in verschiedene Gruppen auf. Dadurch finden wir heraus, dass die Zunahme der Arbeitskräfte durch festangestellte und weibliche Arbeiter getrieben wird. Diese Ergebnisse bestätigen unsere beiden Hauptannahmen. Erstens reduziert Gewächshausanbau die Saisonalität und ermöglicht dadurch eine ganzjährige Produktion. Zweitens werden in Gewächshäusern zuvorderst Gemüse, Früchte und Blumen angebaut, also Bereiche, in denen in vielen Ländern traditionell ein hoher Anteil von weiblichen Arbeitskräften aufgefunden wird.

Unsere Ergebnisse sind empirisch robust gegenüber unterschiedlichen Aggregationsebenen unserer Daten, wiederholten Querschnittsanalysen und dem Einfügen von verschiedenen Kontrollvariablen. Zudem finden wir, dass unsere Analysen nicht durch „fehlende Variablen“ verzerrt werden (Oster, 2019; Diegert, Masten und Poirier, 2022). Darüber hinaus zeigen wir in Abbildung 2, dass die Arbeitsnachfrage nicht bereits vor der Einführung von Gewächshäusern steigt (Borusyak et al., 2022).

Abbildung 2: Gewächshäuser und Beschäftigung (gestaffelte Differenz-von-Differenzen Methode)

Diese Abbildung zeigt Schätzergebnisse nach der Imputationsmethode von Borusyak, Jaravel und Spiess (2022). Die abhängige Variable ist ein Indikator, der angibt, ob in einem Segment mindestens ein Gewächshaus genutzt wird. Die unabhängige Variable ist die Anzahl der eingestellten Arbeiter (arcsinh transformiert). Wir kontrollieren für das Segment, das Jahr, welche Pflanze hauptsächlich angebaut wird, sowie Fläche und Anzahl der Parzellen in einem Segment (arcsinh transformiert). Konfidenzintervalle stellen das 10% Signifikanzniveau dar. Standardfehler sind auf Provinzebene geclustert.

Zusammenfassend zeigt unsere Untersuchung, dass durch den Gewächshausanbau, zumindest für den Fall von Ecuador, durchaus Arbeitsplätze geschaffen werden können. Diese kommen insbesondere Frauen zugute, was bestehende Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt zu reduzieren kann. Darüber hinaus werden Arbeitnehmer häufiger mit langfristigen (und nicht saisonalen) Verträgen eingestellt, was zur Reduktion saisonaler Armut beiträgt. Aus unseren Ergebnissen ergeben sich interessante Forschungslücken für zukünftige Analysen. Beispielsweise können wir mit den zugrundeliegenden Daten nicht analysieren, wie Gewächshausanbau Löhne, nicht-lohnbezogene Leistungen wie Sozialversicherung oder sicherheitsrelevante Aspekte, oder die Exposition gegenüber gefährlichen Chemikalien beeinflusst. Für eine Abwägung des Gewächshausanbaus aus Perspektive der Gesamtwohlfahrt, ist es außerdem wichtig, andere Aspekte zu berücksichtigen, die nicht direkt mit der Arbeitskräftebeschäftigung zusammenhängen, wie zum Beispiel den Wasserverbrauch, bestehende Verwundbarkeiten und Ungleichheiten.

Paper: Stemmler, H., and Meemken, E. M. (2023). Greenhouse farming and employment: Evidence from Ecuador. Food Policy, 117, 102443. Available at: https://doi.org/10.1016/j.foodpol.2023.102443

*Autoren: Henry Stemmler (World Bank) & Eva-Marie Meemken (Food Systems Economics and Policy, ETH Zürich). Kontakt: hstemmler@worldbank.org

Photo credit: Melissa Cooperman/IFPRI; Tithokoze Farm, Mpingu, Malawi.

Weitere Referenzen:

Benke, K. and Tomkins, B. (2017) ‘Future food-production systems: vertical farming and controlled-environment agriculture’, Sustainability: Science, Practice and Policy, 13(1), pp. 13–26. Available at: https://doi.org/10.1080/15487733.2017.1394054.

Borusyak, K., Jaravel, X. and Spiess, J. (2022) Revisiting Event Study Designs: Robust and Efficient Estimation. arXiv:2108.12419. arXiv. Available at: https://doi.org/10.48550/arXiv.2108.12419.

Christiaensen, L., Rutledge, Z. and Taylor, J.E. (2021) ‘Viewpoint: The future of work in agri-food’, Food Policy, 99, p. 101963. Available at: https://doi.org/10.1016/j.foodpol.2020.101963.

Diegert, P., Masten, M.A. and Poirier, A. (2022) ‘Assessing Omitted Variable Bias when the Controls are Endogenous’. arXiv. Available at: https://doi.org/10.48550/arXiv.2206.02303.

Engler, N. and Krarti, M. (2021) ‘Review of energy efficiency in controlled environment agriculture’, Renewable and Sustainable Energy Reviews, 141, p. 110786. Available at: https://doi.org/10.1016/j.rser.2021.110786.

Lansink, A.O. and Ondersteijn, C. (2006) ‘Energy productivity growth in the dutch greenhouse industry.’ Am. J. Agri. Econ. 88(1), 124–132. 10.1111/j.1467-8276.2006.00842.x.

Nicola, S., Pignata, G., Ferrante, A., Bulgari, R., Cocetta, G., and Ertani, A. (2020) ‘Water use efficiency in greenhouse systems and its application in horticulture’ AgroLife Scientific Journal, 9(1), 248-262.

O’Connor, N., and Mehta, K. (2016) ‘Modes of greenhouse water savings’ Procedia engineering, 159, 259-266.

Oster, E. (2019) ‘Unobservable Selection and Coefficient Stability: Theory and Evidence’, Journal of Business & Economic Statistics, 37(2), pp. 187–204. Available at: https://doi.org/10.1080/07350015.2016.1227711.

Shamshiri, R. et al. (2018) ‘Advances in greenhouse automation and controlled environment agriculture: A transition to plant factories and urban agriculture’, 1-22 [Preprint]. Available at: https://doi.org/10.25165/j.ijabe.20181101.3210.

Smith, P. et al. (2014) ‘Chapter 11 – Agriculture, forestry and other land use (AFOLU)’, in Climate Change 2014: Mitigation of Climate Change. Cambridge University Press (PCC Working Group III Contribution to AR5). Available at: http://www.ipcc.ch/pdf/assessment- report/ar5/wg3/ipcc_wg3_ar5_chapter11.pdf (Accessed: 31 October 2022).


[1] Aufgrund hohen Wasser- und Energieverbrauchs können Gewächshäuser erheblich zu CO2-Emissionen beitragen Allerdings werden mit fortschreitender Technologie die Gebäude Energie- und Ressourceneffizienter (Lansink und Ondersteijn, 2006) und können durch reduzierte Evapotranspiration den Wasserverbrauch senken (O’Connor und Mehta, 2016; Nicola et al., 2020).

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About Robert Finger

I am Agricultural Economist and head of the Agricultural Economics and Policy Group at ETH Zurich. Group Website: www.aecp.ethz.ch. Private Website: https://sites.google.com/view/fingerrobert/home