Janic Bucheli, Tobias Dalhaus, Robert Finger*
Der ‘Societal Impact Award in honour of Giovanni Anania’ der European Association of Agricultural Economists (EAAE) für eine Publikation des Jahres 2021 wurde an die Gruppe für Agrarökonomie und – politik der ETH Zürich, für die folgende Publikation vergeben: Bucheli, J., Dalhaus, T., and Finger, R., The optimal drought index for designing weather index insurance, European Review of Agricultural Economics, 48(3) (2021), 573-597.
Mit diesem Preis soll eine herausragende Publikation gewürdigt werden, die Forschungsergebnisse für die Gesellschaft nutzbar gemacht hat. Beispiele sind hier die Initiierung einer Politikveränderung oder gesellschaftlichen Debatte aber auch Forschungsergebnisse die in landwirtschaftlichen Wertschöpfungsketten praktische Anwendung finden. Dies kann durch die direkte Nutzung der Ergebnisse geschehen oder durch eine aktive Rolle bei der Sicherstellung der effektiven Nutzung der Ergebnisse.
Das ausgezeichnete Paper, das 2021 im Fachjournal «European Review of Agricultural Economics» veröffentlicht wurde, entwickelt Ansätze für bessere Dürreversicherungen. Dürren stellen ein grosses und stark zunehmendes Produktionsrisiko in der europäischen Landwirtschaft dar und können zu erheblichen finanziellen Einbussen führen. Da betriebliche Risikomanagement-Massnahmen insbesondere bei ausgeprägten Dürren an ihre Grenzen stossen, können Versicherungslösungen für finanzielle Entlastung sorgen. Solche Lösungen sind jedoch noch nicht weit verbreitet. Der Artikel analysiert wetterbasierte Indexversicherungen. Diese eignen sich besonders für die Deckung von Dürrerisiken, da die Auszahlungen lediglich von einem unabhängigen Dürreindex (z.B. der Regenmenge) und nicht mittels klassischer Schadensermittlung bestimmt werden3. Dies reduziert Transaktionskosten, und erlaubt eine unmittelbare Auszahlung an die Landwirte, auch wenn viele Betriebe zeitgleich betroffen sind. Darüber hinaus haben Landwirte mit dieser Art von Versicherung grosse Anreize zur Aufrechterhaltung der Produktion, da die Versicherung auch beim Einsatz von ertragsstabilisierenden Massnahmen (wie z.B. Bewässerung) auszahlt. Landwirte bekommen also auch eine Entschädigung für allfällige Mehrkosten.
Die Herausforderung einer solchen Index-Versicherung ist das Basis-Risiko, welches Unterschiede zwischen dem tatsächlichen Schaden und der Auszahlung bemisst. Folglich profitieren Landwirte nur dann von einer Risikoreduktion, falls der Dürreindikator den tatsächlichen Schaden auf dem Feld präzise anzeigt. Dies ist einer der Gründe, warum sich diese Art der Versicherung noch nicht durchgesetzt hat. Ein Problem ist, dass verwendete Dürreindikatoren oft auf kumulierte Regenmenge beschränkt sind.
In dem ausgezeichneten Paper gehen wir einen Schritt weiter und vergleichen eine breite Palette an Dürreindikatoren bezüglich deren Fähigkeit, das finanzielle Dürrerisiko mittels wetterbasierten Indexversicherungen zu reduzieren.
Unsere Resultate zeigen, dass Versicherungen basierend auf allen analysierten Dürreindikatoren deutlich risikoreduzierend sein können. Wir zeigen, dass insbesondere der «Evaporative Stress Index», welcher das Verhältnis von aktueller zur potentiellen Evapotranspiration abbildet, zur höchsten Risikoreduktion beiträgt. Von besonderem Interesse ist jedoch die betriebsindividuelle Betrachtung. Hier zeigt sich, dass es nicht «den besten Dürreindikator» gibt, sondern dass der Dürreindikator mit der grössten Risikoreduktion von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich ausfällt. Ebenso zeigt sich, dass jeder der fünf Dürreindikatoren zur grössten Risikoreduktion führen kann. Das Ertragsrisiko der Betriebe kann dabei durchschnittlich um bis zu 17% reduziert werden.
Folglich ist der optimale Dürreindikator in wetterbasierten Indexversicherungen betriebsspezifisch. Um das Basis-Risiko zu minimieren, bzw. Indexversicherungen attraktiver zu machen, sollten Versicherer ein Set aus Dürreindikatoren anbieten und den optimalen Dürreindikator betriebsindividuell ermitteln. Massgeschneiderte indexbasierte Dürreversicherungen können effizienter Risiko reduzieren, wovon schlussendlich Landwirte profitieren.
Ergebnisse dieser Studie wurden mit diversen Anbietern für Agrarversicherungen diskutiert und geteilt, und Codes und Ansätze frei zur Verfügung gestellt, um die Weiterentwicklung von Dürreversicherungen in der Praxis zu ermöglichen. Nach seinem Doktorat in der Gruppe für Agrarökonomie und – politik der ETH Zürich ist Janic Bucheli ausserdem inzwischen als Underwriter in der Rückversicherungsbranche tätig.
Link zum Paper: Bucheli, J., Dalhaus, T., and Finger, R., The optimal drought index for designing weather index insurance, European Review of Agricultural Economics, 48(3) (2021), 573-597. https://doi.org/10.1093/erae/jbaa014
Link zum Blog zum paper https://agrarpolitik-blog.com/2020/09/22/optimale-durreindikatoren-fur-wetterbasierte-indexversicherungen/
Link zum Preis: https://eaae.org/ItemText.aspx?id=19
Ein weiteres paper zum Thema hat vor kurzem die Auszeichnung für beste Paper in der European Review of Agricultural Economics 2021 erhalten https://agrarpolitik-blog.com/2022/11/09/auszeichnung-fur-beste-paper-in-der-european-review-of-agricultural-economics-2021/
* Janic Bucheli (ehemaliger Doktorand an der Gruppe für Agrarökonomie und -Politik der ETH Zürich), Tobias Dalhaus (Wageningen University), Robert Finger (Gruppe für Agrarökonomie und -Politik der ETH Zürich). Kontakt: rofinger@ethz.ch