Investitionen in Biodiversitätsförderflächen lohnen sich

Von Robert Huber und David Wüpper*. Mit der AP14/17 erhöhte der Bund die Zahlungen für Biodiversitätsförderflächen. Hat sich das gelohnt? Die Ergebnisse unserer Evaluation der Biodiversitätsbeiträge bejahen dies.

Die letzte erfolgreiche Agrarpolitikreform in der Schweiz (AP14/17) führte zu einer Anpassung und Erhöhung der Zahlungen für Biodiversitätsförderflächen (siehe z.B. Metz et al., 2021). Wir haben die Auswirkungen dieser Erhöhung evaluiert und die Investitionen in massnahmenorientierte (BFF1) und ergebnisorientierte Zahlungen (BFF2) verglichen. Wir finden, dass jeder investierte Franken in massnahmenorientiert Zahlungen mindestens denselben Wert an gesellschaftlichem Nutzen erbringt. Bei den ergebnisorientierten Zahlungen (BFF2) schätzen wir, dass für jeden investierten Franken, der Gesellschaft einen Nutzen von drei Franken entsteht.

Wie haben wir dieses Kosten-Nutzen Verhältnis geschätzt? Für die Evaluation der Erhöhung der Biodiversitätsbeiträge ergeben sich aus einer wissenschaftlichen Perspektive zwei zentrale Herausforderungen. Einerseits wissen wir nicht, wie sich die Biodiversitätsförderflächen verändert hätten, wenn die Beiträge nicht erhöht worden wären. Die Berechnung dieser sogenannten “kontrafaktischen” Entwicklung ist zentral für die Evaluation von Politikmassnahmen. Nur wenn wir abschätzen können, wie sich die Biodiversitätsförderflächen auch ohne Erhöhung der Zahlung verändert hätten, lässt sich der tatsächliche Effekt der Reform quantifizieren. Andererseits ist es schwierig, den Wert einer zusätzlichen Einheit von Biodiversitätsförderflächen in Franken auszudrücken. Nur eine Monetarisierung des Nutzens macht es möglich, die Ausgaben des Bundes (in Franken) direkt ins Verhältnis zum Wert der Biodiversitätsförderflächen (in Franken) zu setzen.

In unserem aktuellen Beitrag in der Zeitschrift “American Journal of Agricultural Economics” (Wuepper and Huber, 2022) konnten wir diese beiden Herausforderungen angehen und analysieren, wie effektiv unterschiedlich ausgestaltete Biodiversitätsförderinstrumente, das heisst massnahmenorientierte und ergebnisorientierte Zahlungen, sind und welches Kosten-Nutzen Verhältnis die beiden Förderinstrumente aufweisen.

Wir nutzen dazu die Strukturdaten aller Schweizer Landwirtschaftsbetriebe von 2010 bis 2018 und eine Spezifität der Agrarreformetappe AP14/17. Die Reform hatte nämlich nicht sämtliche Zahlungen im Rahmen des Biodiversitätsprogramms erhöht. Es gab Unterschiede zwischen den Zonen und den einzelnen Massnahmen (beispielsweise zwischen Zahlungen für extensiv genutzte Wiesen im Berg und Talgebiet oder Massnahmen im Ackerbau wie Blühstreifen und Buntbrachen). Dieser Umstand konnten wir nutzen, um verschiedene Gruppen von Betrieben zu identifizieren: (1) Betriebe, für welche sich keine der Zahlungen erhöhte (unsere «Kontroll»-Gruppe), (2) Betriebe, bei denen sich jeweils die BFF1 oder die BFF2 Beiträge erhöhten und (3) Betriebe, für die sich beide Zahlungen erhöhten.

Abbildung: Entwicklung der Biodiversitätsförderflächen mit und ohne Erhöhung der Zahlungen am Beispiel «extensives Grasland». BFF Zahlungen werden mit Beiträgen für die Qualität unterschieden. Die erste Qualitätsstufe (BFF1 oder BFF QI) entschädigt die Bäuerinnen und Bauern für die extensive Nutzung ihrer Flächen (d.h. für eine Massnahme). Die zweite Qualitätsstufe (BFF2 oder BFF QII) wird zusätzlich ausbezahlt, wenn auf die BFF eine gewisse botanische Qualität oder für die Biodiversität förderliche Strukturen aufweisen.

Mit dieser Einteilung lassen sich zwei unterschiedliche Differenzen bestimmen: Die Differenz zwischen den Gruppen einerseits und die Differenz vor und nach der Reform andererseits. Dieses sogenannte «Difference-in-Differences» Design erlaubt es nun, den tatsächlichen Effekt der Reform von der kontrafaktischen Entwicklung (d.h., «was wäre ohne die Erhöhung passiert») zu unterscheiden (siehe dazu die Abbildung).

Für die monetäre Bewertung der Biodiversitätsförderflächen nahmen wir eine Meta-Studie zur Bewertung von Grasland zu Hilfe (Huber and Finger, 2020). Wir nutzen die darin berechneten Zahlungsbereitschaften der Bevölkerung für extensiv genutztes Grasland als Grundlage für die Abschätzung des Wertes von Biodiversitätsförderflächen.

Unsere Ergebnisse können in vier Punkten zusammengefasst werden (vgl. Tabelle).

  1. Die Erhöhung der Zahlungen hat auch zu einem Anstieg der Biodiversitätsflächen geführt. In beiden Instrumenten (BFF1 und BFF2) nahmen die Flächen um durchschnittlich rund eine halbe Hektare zu. Mit dieser Schätzung verbunden ist aber eine hohe Variabilität zwischen den einzelnen Betrieben. Das sieht man anhand des Vertrauensintervalls, welches jeweils in der Klammer unterhalb der Mittelwerte in der Tabelle angegeben ist. Das Konfidenzintervall schätzt zwischen welchem Bereich sich 95% der Betriebe befinden. Ein Beispiel: Über die Betriebe mit höheren BFF1 Zahlung nach der Reform, wissen wir, dass 95% dieser Betriebe einen Anstieg beim extensiven Grassland zwischen 0.29 und 0.68 Hektaren verzeichneten (erste Ergebnisspalte in der Tabelle). Das 95% Konfidenzintervall für Betriebe mit höheren BFF1 und BFF2 Zahlungen (dritte Ergebnisspalte) zeigt, dass diese Betriebe ihr extensives Grasland zwischen 0.32 und 0.85 Hektaren ausdehnten. Das bedeutet, dass auch wenn wir höhere Mittelwerte finden (d.h., 0.48 für Betriebe mit höheren BFF1 und 0.58 für Betriebe mit höheren BFF1 und BFF2 Zahlungen), es keinen statistischen Unterschied zwischen diesen Gruppen in Bezug auf die Flächenausdehnung gibt. Das ist insofern bemerkenswert, weil man eigentlich hätte erwarten können, dass der Anstieg beim extensiven Grassland grösser ist, weil die Bäuerinnen und Bauern ja nur zu einem gewissen Punkt Einfluss auf die Qualität ihrer Biodiversitätsförderflächen haben.
  2. Die BFF1 Flächen (d.h., mit massnahmenorientierten Zahlungen), waren günstiger im «Ankauf». Damit der Bund eine Hektare mehr Biodiversitätsflächen bekam, bezahlte er im Falle dieser Flächen im Schnitt 713 Franken. Für die ergebnisorientierten Flächen hingegen 1’102 Franken. Das gilt auch für die Gruppe der Betriebe, für welche sich beide Zahlungen erhöhten. Hier ist allerdings das Niveau tiefer. Aber auch hier ist das Vertrauensintervall sehr gross so, dass wir zwischen den BFF Instrumenten keine signifikanten Unterschiede finden.
  3. Mit der Erhöhung der Zahlungen entstehen aber auch Mitnahmeeffekte – nämlich auf denjenigen Flächen, die ohnehin als Biodiversitätsförderflächen ausgewiesen worden wären (d.h. in der kontrafaktischen Entwicklung). Wir finden, dass diese Mitnahmeeffekte im Schnitt pro Betrieb zwischen 400 und 820 Franken lagen. Das ist im internationalen Vergleich sehr wenig und deutet darauf hin, dass die Instrumente nicht nur effektiv zur Erhöhung der Biodiversitätsförderflächen beitragen, sondern auch mehr oder weniger effizient sind.
  4. Die monetäre Bewertung der Biodiversitätsflächen in unseren Berechnungen ergab einen deutlichen Unterschied zwischen Biodiversitätsförderflächen von hoher und niedriger Qualität. Wenn wir diese Werte als Grundlage für das Kosten-Nutzen Verhältnis nehmen, dann zeigen unsere Berechnungen, dass die BFF2 Zahlungen ein besseres Verhältnis haben und der Gesellschaft im Schnitt rund das dreifache der Investition zurückgeben. Aufgrund der grossen Differenz im Wert zwischen den Biodiversitätsförderflächen mit und ohne Qualität, ergab sich hier auch ein signifikanter Unterschied: Ergebnisorientierte Zahlungen haben eine höhere Rentabilität.
Tabelle: Ergebnisse aus dem Vergleich von BFF1 und BFF2 Zahlungen

Unsere Schlussfolgerungen sind einerseits, dass sich staatliche Investitionen in die Förderung der landwirtschaftlichen Biodiversität lohnen. Das heisst, die Erhöhung des Budgets für die Biodiversitätsförderflächen ist aus einer wohlfahrtsökonomischen Perspektive sinnvoll. Andererseits verspricht die Förderung über ergebnisorientierte Massnahmen eine höhere Rentabilität der Investition als eine Erhöhung für Biodiversitätsförderflächen mit weniger «Qualität».

Unsere Ergebnisse machen aber auch deutlich, dass unseren Schätzungen eine grosse Variabilität zwischen den Betrieben zu Grunde liegt. Auch wenn wir für viele betriebliche Parameter kontrollieren können (wie beispielsweise für Betriebsgrösse, Arbeitskräfte, oder Zonen) so haben alle unsere ökonometrischen Schätzungen ein grosses Vertrauensintervall. Es wäre diesbezüglich sicher hilfreich, wenn nicht nur die Flächenangaben zur Beurteilung der Biodiversität, sondern tatsächliche Indikatoren für gemessene Biodiversität als Ergebnis der Zahlung in der Berechnung berücksichtigt werden könnten. Auch die Monetarisierung des Wertes der Biodiversitätsförderflächen ist mit einer grossen Unsicherheit behaftet – auch wenn die Meta-Studie für gewisse methodische Ausreisser korrigiert.

*Robert Huber und David Wüpper arbeiten in der Gruppe Agrarökonomie und Agrarpolitik an der ETH Zürich.

Referenzen

Huber, R., Finger, R., 2020. A Meta-analysis of the Willingness to Pay for Cultural Services from Grasslands in Europe. Journal of Agricultural Economics 71, 357-383. https://doi.org/10.1111/1477-9552.12361

Metz, F., Lieberherr, E., Schmucki, A., Huber, R., 2021. Policy Change Through Negotiated Agreements: The Case of Greening Swiss Agricultural Policy. Policy Studies Journal 49, 731-756. https://doi.org/10.1111/psj.12417

Wuepper, D., Huber, R., 2022. Comparing effectiveness and return on investment of action- and results-based agri-environmental payments in Switzerland. American Journal of Agricultural Economics https://doi.org/10.1111/ajae.12284

Foto Buntbrache: Katja Jacot Ammann (AGROSCOPE)

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