Von Cordelia Kreft, Robert Huber, David Wuepper und Robert Finger*.
Verhaltensökonomische Forschung kann einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Unsere Analyse zeigt: sind Landwirtinnen und Landwirte überzeugt, dass sie mit den eigenen Handlungen etwas gegen den Klimawandel bewirken können, setzen sie auf ihren Betrieben auch eher Klimaschutz um.
Die Landwirtschaft kann wesentlich zur Bekämpfung des weltweiten Klimawandels beitragen. Mit diversen Massnahmen in den Bereichen Tierhaltung, Ackerbau oder Energienutzung lassen sich Treibhausgase wie Methan, Lachgas und Kohlendioxid auf landwirtschaftlichen Betrieben effektiv reduzieren (IPCC, 2014).
Dazu bedarf es aktiver Entscheidungen von Landwirtinnen und Landwirten. Kosten und Nutzen dieser Massnahmen sind dabei zwar zentral, aber vielfach sind Entscheidungen nicht allein von ökonomischen Motiven geprägt, sondern das Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels von persönlichen, betrieblichen und sozialen Faktoren (Dessart et al., 2019). Neben Risikopräferenzen, kulturell-sozialen Einflüssen oder individuellen Werten, Einstellungen und Überzeugungen interessieren sich (Agrar-)ÖkonomInnen zunehmend für den Einfluss von sogenannten «non-kognitiven Fähigkeiten» (Wuepper & Lybbert, 2017). Diese lassen sich anders als kognitive Fähigkeiten nicht mit gängigen Intelligenztests messen und umfassen eher Denkmuster, Gefühle oder bestimmte Verhaltensweisen.
Im Fokus unserer Analyse stehen dabei zwei zentrale Fähigkeiten: Erstens, die empfundene Selbstwirksamkeit (self-efficacy), also die Überzeugung, eine bestimmte Herausforderung aus eigener Kraft erfolgreich zu meistern (Bandura, 1997). Und zweitens, die breiter gefasste Kontrollüberzeugung (internal locus of control), also der Glaube daran, dass man bestimmte Ereignisse im Leben überhaupt beeinflussen kann (Rotter, 1966).
Welche Rolle diese Selbstwirksamkeit und Kontrollüberzeugung von Landwirtinnen und Landwirten bei der Umsetzung von Klimaschutzmassnahmen spielen, haben wir in einer kürzlich in der Zeitschrift Ecological Economics veröffentlichten Studie (Kreft et al., 2021) untersucht. Dazu wurde 2019 eine Befragung zum landwirtschaftlichen Klimaschutz auf 105 Betrieben im Kanton Zürich durchgeführt (Daten siehe Kreft et al., 2020). Unter anderem haben wir die Teilnehmenden gefragt, welche Klimaschutzmassnahmen sie auf ihren Betrieben bereits umsetzen.
Die Ergebnisse der Umfrage zeigen: Im Schnitt setzen die teilnehmenden Landwirtinnen und Landwirte rund 37 Prozent der (für den jeweiligen Betrieb möglichen) abgefragten Massnahmen zur Reduktion von Treibhausgasen auf ihren Betrieben um (Mehrfachnennungen waren möglich). Abbildung 2 zeigt, dass die Massnahmen Abdeckung des Güllelagers, Fahren im Ecodrive Modus und die Ausbringung von Dünger mit dem Schleppschlauch am häufigsten umgesetzt werden.
Abbildung 2: Aktuelle Umsetzung der Klimaschutzmassnahmen auf den Umfrage-Betrieben. Mehrfachnennungen möglich. Quelle: Kreft et al 2021
Unsere statistische Analyse zeigt nun, dass Landwirtinnen und Landwirte mit einer hohen Selbstwirksamkeit und einer starken Kontrollüberzeugung in Bezug auf Klimaschutz deutlich mehr Massnahmen zur Reduktion von Treibhausgasen auf ihren Betrieben umsetzen. Ausserdem korrelieren auch die angenommene Effektivität der Massnahmen, die Grösse des persönlichen sozialen Netzwerks und die Innovationsfreudigkeit der Landwirtinnen und Landwirte mit der Umsetzung von Klimaschutzmassnahmen.
Nicht-kognitive Fähigkeiten befördern häufig auch Innovation und Unternehmertum (Bandura, 1997). In unserer Studie konnten wir zeigen, dass die untersuchten non-kognitiven Fähigkeiten mit einer hohen Innovationskraft korrelieren und diese wiederum positiv auf die Umsetzung von Klimaschutz wirkt.
Unsere Ergebnisse zeigen also: Wer daran glaubt, mit den eigenen Handlungen etwas gegen den Klimawandel bewirken zu können, setzt auf seinem Betrieb auch eher Klimaschutz um. Und dies in erster Linie, weil sie oder er innovationsfreudiger ist.
Gerade im Zusammenhang mit globalen Herausforderungen wie der Klimaerwärmung ist die Überzeugung, erfolgreich etwas dagegen tun zu können, von zentraler Bedeutung für das Handeln. Während Menschen mit geringer Selbstwirksamkeit angesichts solch überwältigend erscheinender Probleme eher zur Resignation neigen (Eker et al., 2019), helfen der Glaube an den eigenen Erfolg und die Überzeugung, die Dinge «im Griff» zu haben, um sich auch noch so grossen Herausforderungen zu stellen.
Was bedeutet diese Erkenntnis für die Landwirtschaft und die Agrarpolitik? Einerseits können Politik, landwirtschaftliche Ausbildung und Beratung die Selbstwirksamkeit von Landwirtinnen und Landwirten in Bezug auf Klimaschutz stärken. Das geht, zum Beispiel über das Vermitteln von entsprechendem Wissen, spezifische Beratung, Workshops und Plattformen zum Austausch von Erfahrungen. Andererseits kann es für die Gestaltung von Agrarpolitik hilfreich sein, die besonders selbstwirksamen und innovationsfreudigen Landwirtinnen und Landwirte zu kennen. Diese können zum Beispiel dazu motiviert werden, das landwirtschaftliche Klimaschutz Knowhow in ihrer Region zu verbreiten. Wie wir in einer weiteren Arbeit herausgefunden haben, spielt nämlich auch das Klimaschutz-Wissen der eigenen sozialen Kontakte und «peers» eine zentrale Rolle für die Umsetzung von Massnahmen zur Treibhausgasminderung.
Referenzen
Bandura, A. (1997). Self-efficacy: The exercise of control: Macmillan.
Dessart, F. J., Barreiro-Hurlé, J., & van Bavel, R. (2019). Behavioural factors affecting the adoption of sustainable farming practices: a policy-oriented review. European Review of Agricultural Economics, 46(3), 417-471.
Eker, S., Reese, G., & Obersteiner, M. (2019). Modelling the drivers of a widespread shift to sustainable diets. Nature Sustainability, 2(8), 725-735. doi:10.1038/s41893-019-0331-1
IPCC. (2014). Climate Change 2014: Mitigation of Climate Change. Contribution of Working Group III to the Fifth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change Retrieved from http://www.ipcc.ch/pdf/assessment-report/ar5/wg3/ipcc_wg3_ar5_full.pdf
Kreft, C., Huber, R., Wuepper, D., & Finger, R. (2021). The role of non-cognitive skills in farmers‘ adoption of climate change mitigation measures. Ecological Economics, 189, 107169.
Kreft, C. S., Huber, R., Wüpper, D. J., & Finger, R. (2020). Data on farmers’ adoption of climate change mitigation measures, individual characteristics, risk attitudes and social influences in a region of Switzerland. Data in Brief, 30, 105410.
Rotter, J. B. (1966). Generalized expectancies for internal versus external control of reinforcement. Psychological monographs: General and applied, 80(1), 1.
Wuepper, D., & Lybbert, T. J. (2017). Perceived Self-Efficacy, Poverty, and Economic Development. Annual Review of Resource Economics, Vol 9, 9(1), 383-404. doi:10.1146/annurev-resource-100516-053709
* Cordelia Kreft, Robert Huber, David Wuepper und Robert Finger arbeiten in der Gruppe Agrarökonomie und Agrarpolitik der ETH Zürich (AECP).
Diese Arbeit ist Teil der wissenschaftlichen Begleitforschung des Ressourcenprojekts «AgroCO2ncept Flaachtal» und wird unterstützt vom Bundesamt für Landwirtschaft.