Von Sophie Graf, Tobias Keller, Anna Gilgen, Robert Huber, Robert Finger*. 1871 wurde an der ETH Zürich die Abteilung Landwirtschaft gegründet. Der Blick auf die 150-jährige Geschichte zeigt, warum das Fach bis heute so bedeutend geblieben ist. Auch die Agrarökonomie spielte dabei eine wichtige Rolle, wie folgende ausgewählten Beispiele zeigen.
Sagt Ihnen der Name Hans Binswanger-Mkhize etwas? Der an der ETH Zürich ausgebildete und international renommierte Agrarökonom trug in den 80er-Jahren zur Verbesserung der globalen Agrar-, Ernährungs- und Bodenpolitik bei und leitete weltweit Programme zur ländlichen Entwicklung. Oder wissen Sie, seit wann genau das ETH-Institut für Agrarwissenschaften, die Forschungszentren der globalen Agrarforschungspartnerschaft (CGIAR) und die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit erfolgreich zusammenarbeiten? Die Partnerschaft begann 1971 – und sie existiert noch heute. Wussten Sie auch, dass in der Vergangenheit agrarwirtschaftliche Professuren an der ETH Zürich oft in Personalunion mit einer Stelle beim Schweizerischen Bauernverband einherging? Oder, dass die Schweizerische Gesellschaft für Agrarwirtschaft und Agrarsoziologie 1972 von Peter Rieder mitgegründet wurde? Wussten Sie, dass mit Bernard Lehmann ein ETH Agrarökonom das Bundesamt für Landwirtschaft geleitet hat?
Solche und ähnliche Fakten sind auf der Webseite zum Jubiläum «150 Jahre Agrarwissenschaften an der ETH Zürich» in einer interaktiven Diashow zu finden. Von der Gründung der Landwirtschaftlichen Schule 1871 bis zum aktuellen Hochschulranking: Rund 100 Meilensteine markieren den Zeitstrahl und machen die Geschichte der Agrarwissenschaften an der ETH Zürich greifbar. Ausserdem beleuchten rund 40 ausführlichere Artikel einzelne historische und aktuelle Themen. Dabei finden sich auch viele Meilensteine, Persönlichkeiten und Geschichten aus der Agrarökonomie. Wir laden Sie ein, diese auf der Jubiläums-Webseite https://agri150.ethz.ch/ zu erkunden!
Unten fassen wir einzelne Beiträge von der Plattform zusammen. Sie können uns aber auch gerne besuchen: Wir sind mit einem interaktiven Ausstellungsprogramm zum 150 Jahr Jubiläum der Agrarwissenschaften der ETH Zürich Teil der Scientifica in Zürich (scientifica.ch/) und der OLMA in St. Gallen (www.olma-messen.ch).
Zwischen Tradition und Moderne – Ernst Laur, Professur an der ETH Zürich und Direktor des Schweizerischen Bauernverbandes

Mit dem Beginn des Agrarschutzes durch Zölle und Subventionen kam Ernst Laur, Mitgründer des Schweizerischen Bauernverbandes (SBV), ans Polytechnikum. Durch seine Dreifachfunktion (Verbandsdirektor, Bauernsekretär und Professor für Landwirtschaft mit Schwergewicht Betriebslehre) war Laur eine der einflussreichsten Persönlichkeiten im öffentlichen Leben der Schweiz in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Der gebürtige Basler lehrte bis 1939 an der ETH. Gleichzeitig war er politisch aktiv. So forderte er vom Bundesstaat Preisschutz und Einfuhrregelungen für die Bauernschaft – mit nachhaltigem politischem Erfolg. Von Sophie Graf:
https://agri150.ethz.ch/s/zwischen-tradition-und-moderne/
Ernährungssicherheit –Wie die «Anbauschlacht» die Ausbildung für Agronom*innen mitprägte

Friedrich Traugott Wahlen studierte und promovierte an der ETH Zürich. Unter seiner Leitung wurde die «Anbauschlacht» zur Erhöhung der inländischen Nahrungsmittelproduktion im zweiten Weltkrieg geplant und umgesetzt. Als Professor für Pflanzenbau, stellvertretender Generaldirektor der FAO und Bundesrat verband er wissenschaftliches Know-how mit politischer und gesellschaftlicher Gestaltungskraft. Von Robert Huber:
https://agri150.ethz.ch/s/wissenschaft-und-praxis-fur-ernahrungssicherheit/
Agrarökonomie – Von landwirtschaftlicher Betriebslehre bis Operations Research

In den 60er Jahren kamen Dietmar Onigkeit und Peter Rieder an die damalige Abteilung für Landwirtschaft. Beide waren vorher Mitarbeiter im Wirtschaftswissenschaftlichen Institut der Universität Zürich. Sie führten neue mikro- und makroökonomische Themen wie beispielsweise die Angebots- und Nachfragetheorie oder die volkswirtschaftliche Optimierung in Forschung und Lehre der Agrarwirtschaft ein. Mit der Entwicklung des Computers entstanden auch in der agrarökonomischen Forschung neue Möglichkeiten. Insbesondere das Fachgebiet Operations Research – die Anwendung von mathematischen Modellen zur Planung, Optimierung oder Analyse von Systemen – hatte einen grossen Einfluss auf die Forschung und Lehre der Agrarökonomie an der ETH. Von Peter Rieder:
https://agri150.ethz.ch/s/agraroekonomie/
Jean Vallat – Von einem, der auszog, um die richtigen Fragen zu stellen

Die personelle Loslösung der Agrarwirtschaft vom SBV erfolgte erst durch die Wahl von Jean Vallat 1967. Der Walliser war damals Direktor der landwirtschaftlichen Beratung in der französischsprachigen Schweiz. Verschiedene Buchhaltungssysteme waren ihm ein Anliegen, aber er brachte auch eine regionalwirtschaftliche Sichtweise in die Lehre und Beratung ein. Sein Gedankengut war prägend für die allmähliche Einführung einer vom Bund getragenen Regionalpolitik zugunsten des Schweizerischen Berggebietes. Erinnerungen von Michael Kaufmann:
https://agri150.ethz.ch/s/jean-vallat/
Versicherungen für die Landwirtschaft –Wie ETH-Forschende Wetterversicherungen verbessern
Die agrarökonomische Forschung an der ETH Zürich hat wesentlich zur Weiterentwicklung von Versicherungslösungen für die Landwirtschaft beigetragen. Neue Lösungen für Versicherungen umfassen beispielsweise indexbasierte Wetterversicherungen. Von Janic Bucheli:
https://agri150.ethz.ch/s/versicherungen-fuer-die-landwirtschaft/
*Sophie Graf und Tobias Keller sind in der Kommunikationsabteilung des Departments für Umweltsystemwissenschaften D-USYS, Robert Huber und Robert Finger sind in der Gruppe für Agrarökonomie und -politik der ETH Zürich. Die ausführlichen Texte sind unter https://agri150.ethz.ch/ abrufbar.