Grasland gegen Dürre versichern

Willemijn Vroege, Tobias Dalhaus, Robert Finger

Die Trockenheit im Sommer 2018 hat (erneut) aufgezeigt, dass landwirtschaftliche Einkommen durch extremes Wetter starken Schwankungen unterliegen können. Prognosen zeigen, dass diese Dürreperioden auch in der Schweiz häufiger auftreten werden*, was vermehrt auch zu starken Einbussen in der Futterproduktion führen wird**. Verbesserte Absicherungsmassnahmen gegen diese Risiken, z.B. durch Versicherungen, sind daher von grosser Bedeutung***.

Das umfassende Absichern von Erträgen im Grasland mit traditionellen, schadensbasierten Versicherungen (d.h. Auszahlung basierend auf Schadenermittlung) ist aufgrund der Beweidung und fehlender historischer Ertragsbeobachtungen momentan nahezu unmöglich. Potentielle Abhilfe können neue Indexversicherungen schaffen, da hier die Versicherungsauszahlung nicht vom einzelbetrieblichen Ertrag, sondern von extern messbaren Variablen abhängt (siehe Abbildung 1). Dabei wird z.B. oft der Niederschlag an einer Wetterstation**** aber auch Variablen basierend auf Satellitenbildern (z.B. der normierte differenzierte Vegetationsindex, NDVI) als Index verwendet. Die Versicherung zahlt also aus, wenn z.B. der Niederschlag oder ein anderer Index unter einem bestimmten Wert liegt. Darüber hinaus werden auch regionale Durchschnittserträge (area yield) als Index verwendet. Diese neuen Arten von Versicherungslösungen werden immer häufiger zur Absicherung von Dürrerisiken im Grasland eingesetzt, machen diese gar oft erst möglich.

Abbildung 1: Mögliche Datengrundlagen für Graslandversicherungen

 

fig1 wv

Um zukünftige Entwicklungen und Potentiale in diesem Bereich des Risikomanagements auszuleuchten und zu unterstützen, haben wir in einer kürzlich in der Zeitschrift Agricultural Systems erschienenen Veröffentlichung***** alle zwölf in Europa und Nordamerika verfügbaren Indexversicherungen für Dürre und andere Risiken im Grasland systematisch zusammengefasst und analysiert. So sind zum Beispiel satellitenbildbasierte Versicherungslösungen in Frankreich, Spanien und Kanada vorhanden. In der Schweiz und Österreich gibt es hingegen Versicherungen basierend auf Dürreindizes (Tabelle 1).

Basierend auf der Vielzahl von technischen Lösungen haben wir Charakteristika, wie Indexvariablen, die technische Umsetzung oder den rechtlichen Rahmen, herausgearbeitet, die für zukünftige Forschung und für Versicherer wichtig sein könnten. Tabelle 1 zeigt einige dieser Merkmale exemplarisch auf. Eine solche Übersicht ist besonders wichtig, weil viele der Versicherungsmärkte isoliert voneinander wachsen und technische Entwicklungen selten in anderen Umgebungen übernommen werden.

 

Tabelle 1. Graslandversicherungen basierend auf Satellitenbildern oder Wetterindizes in Europa und Nordamerika (mehr Details siehe Vroege et al., 2018)

tab1

Unsere Analyse zeigt, dass bestehende Versicherungen verbessert werden können, indem sie durch Fortschritte aus anderen Ländern ergänzt werden. Dies betrifft insbesondere den Einsatz massgeschneiderter, einzelbetrieblicher Produkte aber auch die Kombination von Satelliten und anderen Geodaten (z.B. zur Landnutzung). Darüber hinaus braucht es aber auch Anpassungen von rechtlichen Rahmenbedingungen, da Indexversicherungen gegenüber traditionellen Versicherungsprodukten in Europa oft steuerlich und administrativ benachteiligt sind. Eine Gleichstellung von Indexversicherungen kann diese Produkte daher attraktiver machen und so die Möglichkeiten der Absicherung der Futterproduktion vergrössern.

Diese Übersicht und Analyse soll dazu beitragen, bestehende und zukünftige Grasland Versicherungen zu verbessern und somit die Resilienz von graslandbasierten Produktionssystemen gegenüber Dürren und anderen Extremereignissen zu erhöhen.

 

* Aktuelle Klimaszenarien CH2018 für die Schweiz: https://www.nccs.admin.ch/nccs/de/home/klimawandel-und-auswirkungen/schweizer-klimaszenarien.html

** Beispiele und Übersichten zu Einbussen durch Dürren unter ändernden Klimabedingungen zum Bsp. hier Finger, R., Gilgen A., Prechsl, U., Buchmann, N. (2013). An economic assessment of drought effects on three grassland systems in Switzerland. Regional Environmental Change 13(2) 365-374 >>

*** Blogbeitrag zu Risikomanagement allgemein: Finger (2018). Risikomanagement und die Rolle des Staates https://agrarpolitik-blog.com/2018/11/19/risikomanagement-und-die-rolle-des-staates/

**** Blogbeitrag mit Details zu Wetter-Indexversicherungen: Dalhaus (2018) Landwirtschaftliche Wetterversicherungen https://agrarpolitik-blog.com/2018/10/22/landwirtschaftliche-wetterversicherungen/

**** Vroege, W., Dalhaus, T., & Finger, R. (2019). Index insurances for grasslands – A review for Europe and North-America. Agricultural Systems, 168, 101-111. https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0308521X18307200 (open access). Diese Studie wurde im Rahmen des Horizon 2020 Projektes ‘Towards SUstainable and REsilient EU FARMing systems’ erstellt https://surefarmproject.eu/

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

About Robert Finger

I am Agricultural Economist and head of the Agricultural Economics and Policy Group at ETH Zurich. Group Website: www.aecp.ethz.ch. Private Website: https://sites.google.com/view/fingerrobert/home