Stützen Direktzahlungen landwirtschaftliche Einkommen oder Pachtpreise?

Landwirte profitieren umso stärker von flächengebundenen Direktzahlungen, je besser ihre Marktposition gegenüber den Bodeneigentümern ist.

Marten Graubner. Wie erst kürzlich wieder von der EU Kommission betont[i], stellt die Einkommenssicherung der Landwirte ein wichtiges Ziel der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) dar. Eine aktuelle Studie[ii] im Auftrag von BirdLife Europe, dem Europäischen Umweltbüro (EEB) und dem Naturschutzbund Deutschland (NABU) kommt jedoch zu dem Ergebnis, dass Direktzahlungen ein wenig effizientes Instrument hierfür darstellen, da diese über höhere Pachtpreise vielmehr an Bodeneigentümer weitergeben werden.

Sind Landwirte gleichzeitig Eigentümer der von Ihnen bewirtschafteten Flächen, wäre es natürlich unproblematisch ob Eigentümer oder Bewirtschafter von der Förderung profitieren. Betrachtet man jedoch die Pachtflächenanteile (und deren Entwicklung) wird die Relevanz schnell deutlich. So werden zum Beispiel in Deutschland knapp 60% der Fläche in Pacht bewirtschaftet[iii].

Direktzahlungen beeinflussen Pachtpreise – aber nur „ein wenig“

Wie also beeinflussen flächengebundene Direktzahlungen die Pachtpreise*? Im Allgemeinen erhöhen Direktzahlungen die Bodennachfrage, was dazu führt, dass die Pachtpreise von subventioniertem Land höher sind als ohne Subventionen. Da der Bodenvorrat begrenzt ist und Nutzungsänderungen im Sinne einer Rückgewinnung für die Landwirtschaft (wenn überhaupt) nur bedingt möglich sind, bleibt das Bodenangebot nahezu unverändert. Greift man auf übliche ökonomische Modelle zurück, ist zu erwarten, dass der Pachtpreisunterschied zwischen einer Situation mit und ohne Direktzahlung in etwa der Flächenprämie entspricht.

Sind Landwirte nicht gleichzeitig die Bodeneigentümer, wird das Ziel einer Einkommensstützung also nicht erreicht, da die flächengebundenen Direktzahlungen komplett oder zu einem großen Teil in Form höherer Pachtpreise weitergegeben werden. Eine ganze Reihe empirischer Arbeiten zu diesem Thema zeigt aber, dass von einem Euro flächengebundener Subventionszahlungen zumeist deutlich weniger als 50 Cent an die Eigentümer abfließen; für Deutschland sind dies sogar „nur“ zwischen 6 und 40 Cent. Im unteren Bereich dieser Spanne wären Direktzahlungen also durchaus effizient zu nennen; im oberen Bereich fiele dies schon schwerer.

Wie aber kommt es zu der Diskrepanz zwischen (theoretischer) Erwartung und (empirischer) Beobachtung? Ein Erklärungsansatz ist ein nur eingeschränkt funktionsfähiger Pachtmarkt. Hierfür kann es verschiedene Gründe geben. Was jedoch bisher wenig thematisiert wurde, ist Marktmacht bei landwirtschaftlichen Unternehmen. Vielmehr gelten landwirtschaftliche Märkte oftmals als Lehrbuchbeispiel für idealtypischen, vollständigen Wettbewerb. Strukturellen Gegebenheiten einerseits und die Eigenheiten des Landmarktes andererseits können dem aber entgegenstehen.

Bodeneigentümer haben oft kaum alternative Verpachtungs-/Nutzungsmöglichkeiten für ihr Land

Insbesondere in Agrarstrukturen mit relativ großen Betrieben aber fragmentierten Eigentumsverhältnissen ergeben sich ungleiche Marktpositionen zwischen Landwirt und Eigentümer. Entscheidend ist vor allem die Lage und Entfernung der Fläche zu den landwirtschaftlichen Betrieben. Je nach Produktionsausrichtung kann die Bewirtschaftung mit erheblichen Transportkosten einhergehen. Hierdurch bleiben den Eigentümern oft nur wenige Optionen hinsichtlich der Verpachtung.

Ist der Wettbewerb um die Fläche also eingeschränkt, bedeutet dies für den Landwirtschaftsbetrieb einen Anreiz nur die nötige anstatt der möglichen Entlohnung der Fläche als Pachtpreis zu zahlen. In der Konsequenz wandert der Boden nicht notwendigerweise zum besten Wirt sondern vielmehr zum nächstgelegenen. Während die Marktallokation somit ineffizient wäre, lässt sich aber zeigen, dass gerade unter solchen Bedingungen die Effizienz von Direktzahlungen höher ist als im idealtypischen Referenzscenario. Direktzahlungen können also durchaus ein geeignetes Mittel sein um landwirtschaftliche Einkommen zu stützen, wenn auch aus den falschen Gründen!

Marten Graubner ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien (IAMO) (Halle) in der Abteilung Betriebs- und Strukturentwicklung im ländlichen Raum (Strukturwandel) >>

Mehr zum Thema und weiterführende Literatur in:

*Graubner, M. (2018). Lost in space? The effect of direct payments on land rental prices. European Review of Agricultural Economics 45 (2): 143–171. >>

 [i] https://publications.europa.eu/en/publication-detail/-/publication/03dc8701-d5aa-11e7-a5b9-01aa75ed71a1/language-en

[ii] https://en.nabu.de/imperia/md/content/nabude/landwirtschaft/agrarreform/171121-peer_et_al_2017_cap_fitness_check.pdf

[iii] http://www.bauernverband.de/32-boden-und-pachtmarkt-803621

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About Robert Finger

I am Agricultural Economist and head of the Agricultural Economics and Policy Group at ETH Zurich. Group Website: www.aecp.ethz.ch. Private Website: https://sites.google.com/view/fingerrobert/home