Die verheerenden Auswirkungen der Spätfröste Ende April haben Diskussionen zu fehlenden Absicherungen gegen solche Schäden und Forderungen nach der Lancierung neuer Versicherungslösungen in der Landwirtschaft ausgelöst. Diese können nicht nur kurzfristige Wetterrisiken absichern, sondern auch ein sinnvolles Instrument zur Anpassung an den Klimawandel darstellen, der zu einem häufigeren Auftreten von Extremereignisse wie Hitzewellen, Dürreperioden, Frostschäden oder Starkniederschlägen führt. Aber wie sollen Versicherungen in der Landwirtschaft ausgestaltet sein und wer soll dafür zahlen?
Sinnvolles Instrument
Versicherungslösungen sind nicht nur für Landwirte relevant, sondern deren Aufbau und Unterstützung ist auch für Gesellschaft und Staat grundsätzlich von Interesse. Eine ausreichende Absicherung der Einkommen durch Versicherungen erlaubt es Landwirtinnen und Landwirten unternehmerische Risiken einzugehen und macht Investitionen attraktiver. Die Existenz versicherter Betriebe ist besser geschützt und staatliche Hilfszahlungen im Krisenfall können so vermieden werden. Versicherungen stärken daher eine produzierende Schweizerische Landwirtschaft.
Wer bezahlt?
Die staatliche Unterstützung von Versicherungsinstrumenten ist in vielen Ländern gängige Praxis, in der Schweiz hingegen nicht. Daraus abzuleiten, dass Versicherungen auch hier nur durch staatliche Zuschüsse sicherzustellen seien, greift jedoch zu kurz. Hohe Direktzahlungen tragen indirekt dazu bei, witterungs- oder marktbedingte Einkommensschwankungen gering zu halten. Dadurch ist die Nachfrage nach Versicherungen reduziert. Im Umkehrschluss heisst dies, dass hohe Direktzahlungen eine hohe Subventionierung von Versicherung notwendig machen, um für Landwirtinnen und Landwirte überhaupt attraktiv zu sein. Eine staatliche Unterstützung von Versicherungslösungen wäre also nur dann vielversprechend, wenn Mittel aus den Direktzahlungen umgeschichtet würden. Die EU hat übrigens in der letzten Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik genau diesen Weg gewählt.
Chancen erkennen
Eine Neuausgestaltung von Versicherungslösungen kann auch eine grosse Chance sein, von neuen Entwicklungen in Forschung und Technologie zu profitieren. Klassische Schadensversicherungen, bei denen die Auszahlung erst nach einer Schadensermittlung stattfindet, sind mit hohen Kosten behaftet und beinhalten oft einen Selbstbehalt. Neue, innovative Versicherungslösungen erlauben eine zielgerichtete und kostengünstigere Absicherung gegen Wetterrisiken. Zum Beispiel können Wetterindexversicherungen hier eine mögliche Alternative darstellen**. Bei diesen Versicherungen findet die Auszahlung der Versicherung dann statt, wenn kritische Witterungsgrössen wie eine bestimmte Anzahl Frosttage, Hitzetage oder Niederschlagssummen über- oder unterschritten werden. So kann zum Beispiel eine Versicherung genau dann auszahlen, wenn Frosttage in kritischen Wachstumsperioden auftreten. Der Wetterindex wird an einer Wetterstation nah beim jeweiligen Betrieb gemessen, so dass eine Auszahlung ohne eine Schadensermittlung vor Ort stattfinden kann. Dies ermöglicht eine sofortige Auszahlung und geringe Prämien.
Neue Erkenntnisse aus der Wissenschaft ermöglichen eine immer bessere Entwicklung und Ausgestaltung neuer Versicherungsinstrumente. Auch die Forschung in meiner Gruppe*** hat das Ziel, innovative, nachhaltige Versicherungslösungen zu entwickeln, die Landwirtinnen und Landwirten eine effiziente Absicherung gegen Wetterrisiken mit zukunftsfähigen Lösungen erlauben.
Dieser Text ist als Gastbeitrag in der Bauernzeitung erschienen.
*Finger, R., Lehmann, N. (2012). The Influence of Direct Payments on Farmers‘ Hail Insurance Decisions. Agricultural Economics. 43(3): 343-354 >>
**Dalhaus, T., Finger, R. (2016). Can Gridded Precipitation Data and Phenological Observations Reduce Basis Risk of Weather Index-based Insurance? Weather, Climate and Society 8, 409–419 >>
*** http://www.aecp.ethz.ch/research/research-and-thesis-projects.html