Tobias Dalhaus & Robert Finger. Die landwirtschaftliche Pflanzenproduktion ist einer Vielzahl von Wetterrisiken ausgesetzt, welche Quantität und Qualität der Ernte erheblich beeinflussen können. Um das Einkommen der Landwirte zu schützen, stehen verschiedene Versicherungssystemen zur Verfügung, die im Schadensfall eine Entschädigung gewähren. Die Schadensbewertung erfolgt hierbei traditionell meist vor Ort durch Schätzer des Versicherungsunternehmens.
Als Alternative dieser klassischen Versicherungsvariante haben in den letzten Jahren sogenannte Index-basierte Versicherungen an Popularität gewonnen. Hierbei erfolgt die Versicherungsauszahlung nicht bei Eintritt eines erkennbaren Schadens sondern bei Eintritt eines Wetterereignisses, zum Beispiel dem Unterschreiten einer Niederschlagssumme in einem vereinbarten Zeitfenster, an einer vorher vereinbarten Wetterstation. Diese Strategie spart Kosten und lässt eine genauere Risikobewertung auf Basis langjähriger Wetterdaten zu. Ein aktuelles Beispiel für eine Indexversicherung in der Praxis ist die Graspauschalversicherung Klima der Schweizer Hagel.
Hierbei ist jedoch eine exakte Bestimmung des Zusammenhangs zwischen Wetter und Ernteertrag notwendig, da ansonsten die Versicherungsauszahlung den entstandenen Schaden nur teilweise oder im Extremfall gar nicht deckt. Diese Diskrepanz zwischen Versicherungsauszahlung und entstandenem Schaden wird als Basisrisiko bezeichnet. Dieses Basisrisiko setzt sich aus mehreren Komponenten zusammen:
- Geographisches Basisrisiko: aufgrund der räumlichen Distanz zwischen Wetterstation und landwirtschaftlichem Betrieb, spiegelt das gemessene Wetter das betriebliche Wetter nicht vollumfänglich wider.
- Temporales Basisrisiko: Versicherung gegen adverse Wetterbedingungen im falschen Zeitraum. Ackerkulturen sind anfällig gegen bestimmte Witterungen während bestimmter Wachstumsphasen, die genau identifiziert werden müssen.
- Design Basisrisiko: Falsche Wettervariable gewählt. Die gewählte Wettervariable erklärt nur unzureichend den entstandenen Schaden.
In einem kürzlich publiziertem Beitrag*, analysieren wir innovative Möglichkeiten zur Reduktion des geographischen und des temporalen Basisrisikos vor. Erstens werden hierbei alternative Wetterdaten, sogenannte Raster- oder Griddaten, verwendet, welche das Wetter auf dem landwirtschaftlichen Betrieb anhand mehrerer Wetterstationen berechnen und exakter darstellen können. Zweitens werden Daten aus einem phänologischen Beobachternetzwerk verwendet, um die Eintrittsdaten sensitiver Planzenwachstumsphasen zu bestimmen. Die Anwendung dieser Daten ist am Beispiel der Weizenproduktion in Norddeutschland illustriert und verwendet Wetter- und Phänologiedaten, die von Deutschen Wetterdienst bereitgestellt werden.
Während Griddaten bisher nur praktische Vorteile bieten (einfachere Zuordnung von Wettergrössen zu einem Betrieb), jedoch nicht zu einer Reduktion des geographischen Basisrisikos beitragen, erfüllen die phänologischen Beobachtungen den erwarteten Zweck. Die Berücksichtigung der Pflanzenwachstumsphasen führt zu einer deutlichen Reduktion des temporalen Basisrisikos. Wetterindexprodukte werden unter Berücksichtigung dieser Datenquellen effektiver und erhöhen so die Attraktivität dieser Instrumente, sowohl für Versicherungen als auch für die Versicherungsnehmer.
Die Ergebnisse der Studie liefern hilfreiche und praktische Erweiterungen existierender Versicherungsprodukte und können so in verschiedenen Regionen relevant sein. Unser Beitrag zeigt, dass eine staatliche Unterstützung zum Risikomanagement in der Landwirtschaft auch durch die Bereitstellung umfangreicher Wetter- und Phänologiedaten realisiert werden kann. Die Rahmenbedingungen für derartige Weiterentwicklungen sind durch die weltweite Verfügbarkeit von etablierten phänologischen Beobachtungsnetzwerken (z.B. http://www.usanpn.org) und die Entwicklung präziserer Rasterdatensätze gegeben.
*Dalhaus, T., Finger, R. (2016). Can Gridded Precipitation Data and Phenological Observations Reduce Basis Risk of Weather Index-based Insurance? Weather, Climate and Society (In Press) >>