Die Grundwerte der Landwirte

Von Ivo Baur. Landwirte sind wertkonservativer und haben eine stärkere Gemeinwohlorientierung als die Gesamtbevölkerung.

Landwirte unterscheiden sich in ihren Grundwerten deutlich von der Allgemeinbevölkerung. In einer soeben erschienen Studie wurde das psychologische Grundmuster der Bauern in Dänemark, Deutschland, Finnland, den Niederlanden, Österreich, Schweden und der Schweiz mit der jeweiligen nationalen Allgemeinbevölkerung verglichen. Die Resultate zeigen einerseits, dass die Bauern deutlich wertkonservativer sind, während die übrige Bevölkerung offener für Neues ist. Andererseits weisen Landwirte tendenziell eine stärkere Gemeinwohlorientierung auf. Im Gegensatz dazu legt die Allgemeinbevölkerung grösseren Wert auf Individualismus. Die Abbildung illustriert den Unterschied zwischen den Landwirten und dem Rest der Bevölkerung auf den beiden Achsen Individualismus – Gemeinwohlorientierung sowie Offenheit – Konservativismus.

Werte_LandwirteEin Vergleich der Bauern dieser sieben Länder zeigt weiter, dass sich die typisch bäuerliche Werthaltung – mit einem ausgeprägtem Konservativismus und starker Gemeinwohlorientierung – besonders bei den deutschen, finnischen und österreichischen Bauern manifestiert.

Die Analyse stützt sich auf das Wertemodell nach dem Psychologen Shalom H. Schwartz. Anhand eines Fragebogens werden die psychologischen Grundmuster der Befragten eruiert. Dabei sind die 21 Fragen so aufgebaut, dass die beiden Gegensatzpaare Konservativismus und Offenheit sowie Individualismus und Gemeinwohlorientierung abgebildet werden können. Diese Werte können als Überzeugungen interpretiert werden, die sich auf die Ziele einer Person auswirken und als Basis für Handlungen und Entscheidungen dienen. Insgesamt konnten in dieser Studie 71‘781 Personen berücksichtigt werden, wovon 1149 Landwirte waren.

Anhand des bäuerlichen Werteprofils lassen sich diverse agrarpolitisch relevante Schlussfolgerungen ziehen. Es zeigt einerseits, dass Landwirte politischen Veränderungen eher skeptisch begegnen. Insofern sollten (ökologische) Direktzahlungsinstrumente möglichst als bestehende Optionen fortgeführt werden, um eine grössere Akzeptanz zu erzielen. Ausserdem kann die Skepsis gegen Neuerungen auch allfällige verzögerte Reaktion auf neue Direktzahlungsanreize erklären. Anderseits deutet die konservativere Werthaltung gepaart mit einer stärkeren Gemeinwohlorientierung darauf hin, dass Bauern bestrebt sind, Rollenbildern gerecht zu werden. Dabei sehen sich die Bauern eher in der Rolle des Produzenten als der des Umweltschützers. Daher finden ökologische oder tierwohlbezogene Direktzahlungen grösseren Anklang, wenn sie explizit als Abgeltung für Leistungen an der Allgemeinheit veranschlagt und aufgefasst werden und nicht als Entschädigung für eine Reduktion der Produktion.

 

Der Artikel zur Studie: Baur, Ivo, Martin Dobricki, and Markus Lips. 2016. „The basic motivational drivers of northern and central European farmers.“ Review of. Journal of Rural Studies 46:93-101. doi: http://dx.doi.org/10.1016/j.jrurstud.2016.06.001.

 

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