Die Schweizer Landwirtschaft produziert neben Nahrungsmitteln nicht-marktfähige Güter und Leistungen. Über deren ökonomischen Wert weiss man wenig.
Die Erbringung von multifunktionalen Leistungen der Schweizer Landwirtschaft wie beispielsweise die Versorgungssicherheit, die Pflege der Kulturlandschaft oder die Erhaltung der natürlichen Ressourcen wird mit Direktzahlungen gefördert. Die Höhe der Direktzahlungen orientiert sich dabei an den Durchschnittskosten der Erbringung oder an der historischen Entwicklung der Zahlungen. Der eigentliche Wert dieser Leistungen spielt eine untergeordnete Rolle.
Dies ist insofern schade, als der Wert der nicht-marktfähigen Gütern und Leistungen eigentlich das zentrale Argument für die Stützung der Schweizer Landwirtschaft ist. Zudem könnte die Agrarpolitik effizienter und effektiver gestaltet werden, wenn man wüsste, welche relativen Werte den verschiedenen ökologischen und sozialen Leistungen der Landwirtschaft zukommen.
Kritiker von ökonomischen Bewertungsmethoden argumentieren, dass es gar keine Schätzung des Werts brauche, da der Ausgang des politischen Prozesses ja bereits eine Bewertung darstelle. Der Wert der nicht-marktfähigen Güter und Leistungen wäre dann einfach so hoch wie der Zahlungsrahmen für die Landwirtschaft. Diese Ansicht hat jedoch einen Haken: Müsste aus finanzpolitischen Gründen gespart werden, so würde automatisch auch der Wert der Leistungen der Bäuerinnen und Bauern abnehmen.
In der agrarökonomischen Forschung gibt es viele Beispiele, wie der Wert von nicht-marktfähigen Gütern und Leistungen bestimmt werden kann. Im Auftrag des Schweizer Bauernverbands wurden die wichtigsten Studien, die sich mit der ökonomischen Bewertung von nicht-marktfähigen Gütern und Leistungen der Schweizer Landwirtschaft befassen, zusammenzutragen (Huber 2014). Aus dieser Literaturstudie können zwei Kernaussagen festgehalten werden:
Erstens geben die bestehenden Studien nur ein bruchstückhaftes Bild des Werts der nicht-marktfähigen Güter und Leistungen der Landwirtschaft wider. Die Methoden sowie die Wahl der beurteilten Güter und Leistungen sind so unterschiedlich, dass sich kaum Hochrechnungen oder Verallgemeinerungen machen lassen. Auch diejenigen Studien, die eine nationale Schätzung beinhalten und auf Werte der der nicht-marktfähigen Güter und Leistungen der Landwirtschaft zwischen einer und zwei Milliarden Franken pro Jahr kommen, sind mit grossen Unsicherheiten und subjektiven Annahmen verbunden.
Zweitens sind die verschiedenen disziplinären Methoden wie beispielsweise eine ökonometrische Schätzung des Werts der Kulturlandschaft oder die Befragung von Bürgerinnen und Bürgern zu ihrer Zahlungsbereitschaft für die Versorgungssicherheit mit grundlegenden Annahmen verbunden, die aus verschiedenen Perspektiven und Positionen in Zweifel gezogen werden können. Damit verlieren die Studien an wissenschaftlicher „Robustheit“. Es fehlt eine interdisziplinäre Studie, die entweder eine Methodentriangulation (d.h. die Beantwortung der gleichen Forschungsfrage mit unterschiedlichen Methoden) oder eine Methodenintegration (d.h. die Methoden ergänzen und komplementieren sich) beinhaltet.
Konsequenz aus den beiden Kernaussagen ist, dass Schätzungen des Werts der nicht-marktfähigen Güter und Leistungen sehr selten oder gar nie Eingang in die agrarpolitische Diskussion finden. Mit Blick auf die kommende Abstimmung über die Initiative für Ernährungssicherheit, welche eine wichtige Weichenstellung für die Ausrichtung der zukünftigen Agrarpolitik darstellen dürfte, könnte eine wissenschaftlich abgestützte und in der Landwirtschaft verankerte Schätzung des Werts der nicht-marktfähigen Güter und Leistungen hingegen ein zentraler Orientierungspunkt sein.
Literatur
Huber R. 2014. Ökonomische Bewertung nicht-marktfähiger Güter und Leistungen der Schweizer Landwirtschaft. Vorstudie zuhanden des Schweizer Bauernverbands. Flury-Giuliani GmbH, Zürich.