Butterüberschüsse im deregulierten Markt

Andreas Gerber.Die Mehrmengen sind schuld am Butterberg.“ Dies ist eine verbreitete Meinung zur Lage am Milchmarkt. Ist jedoch tatsächlich eine ausgedehnte Milchproduktion die Ursache für die bestehenden Butterüberschüsse im Schweizer Milchmarkt?

Mit der Aufhebung der Quotenregelung 2009 wurde ein knapp 20 jähriger Deregulierungsprozess im Schweizer Milchmarkt abgeschlossen. Die Verantwortung über Mengen, Preise und Verwertung wurden schrittweise vom Bund an die privaten Marktakteure übertragen. Dennoch bestehen nach wie vor überhöhte Lagerbestände an Butter und die Milchbranche sucht nach Lösungen für gemeinsam finanzierte Exportmassnahmen. Aus ökonomischer Sicht sollte der Deregulierungsprozess eigentlich nicht zu Überschüssen führen, da ja der Markt entsprechende Preis- und/oder Mengensignale geben sollte. Wie konnten die Überschüsse dennoch entstehen?

Der Schweizer Buttermarkt ist herstellerseitig konzentriert und über hohe Einfuhrzölle räumlich begrenzt (Zoll für relevante Handelspartner: 16.42 CHF/kg Butter). Dadurch kann nicht von vollkommenem Wettbewerb ausgegangen werden. Darüber hinaus ist Butter ein Koppelprodukt der Herstellung diverser anderer Milchprodukte. Durch diese Verflechtung mit anderen Märkten und der Eigenschaft, dass Butter gut haltbar und lagerfähig ist, erhält der Buttermarkt eine Schlüsselrolle für den gesamten Schweizer Milchsektor.

Als 2009 die Quotenregelung aufgehoben wurde, waren sowohl auf Seite der Milchproduzenten, als auch auf Seite der Butterhersteller freie Produktionskapazitäten vorhanden. Diese wurden mit der Aufhebung der staatlichen Mengenbeschränkung ausgelastet, was zu einer Mehrproduktion an Rohmilch und an Butter führte. Unter vollkommenem Wettbewerb hätte die Mengenausweitung zu einer Korrektur des Rohmilch- und Butterpreis nach unten geführt, so dass sich die Mengen und Preise wieder einem Markt-Gleichgewichtszustand angenähert hätten und die Überschüsse reduziert worden wären.

Der eingeschränkte Wettbewerb im Buttermarkt ermöglichte es den Butterherstellern jedoch, den Inlandabsatz in etwa konstant zu halten und überschüssige Butter zu lagern. Würde letztere nun zusätzlich auf dem Inlandmarkt abgesetzt, hätte dies einen markanten Zerfall des Butterpreises und – über den hohen Verknüpfungsgrad des Buttermarkes – des gesamten Rohmilchpreises zur Folge. Aus Sicht der Milchproduzenten ist es deshalb günstiger, den Butterherstellern kollektiv Mittel für den Butterexport zur Verfügung zu stellen, als flächendeckend grosse Preisabschläge hinzunehmen. Die Butterhersteller können über den finanzierten Export der Überschüsse unter Umständen gar noch zusätzliche Renten abschöpfen.

Die Erklärung für die Entstehung von Überschüssen ist daher primär in der unvollkommenen Wettbewerbssituation mit hohem Grenzschutz im Buttermarkt zu suchen. Die nicht marktgerechte Rohmilchmenge wird erst dadurch ermöglicht und ist somit „nur“ der Spiegel dieser Marksituation.

2 Antworten auf „Butterüberschüsse im deregulierten Markt

  1. Guter Gedankengang!

    Das Milchaufkommen würde sich schlagartig reduzieren, wenn

    1. diese Milchüberschüsse ohne Zuschüsse aus dem Marktentlastungsfonds exportiert werden müssten
    2. die Produzenten die Wahl hätten, diese Milch zu liefern, oder nicht. Diese Wahl hätten sie aber nur, wenn sie ein verbindliches Lieferrecht besitzen würden. Womit wir bei der Forderung von BIG-M wären, dass jeder Produzent ein verbindliches Lieferrecht haben muss. Wenn einfach auf der gelieferten Menge 10% C-Milch abgerechnet wird, dann hat das keinen Einfluss auf das Milchaufkommen insgesamt.

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  2. Hallo, die Überlegungen die hier im Blog-Beitrag beschrieben und angenommen werde, sind sehr plausibel und gut-realistisch überlegt. Trotzdem ist es jedoch genau umgekehrt, warum die Butterlager verkauft werden: Die hohen Butterlager sind in der Schweiz dadurch entstanden, dass etwa seit Mitte 2008 aus aller Konsummilch mind. 5 g Fett pro Kilo verarbeitete Milch abgeführt werden, und sich zu einem Fettlager gesammelt haben. Schweizer Milch wird aus Zucht- und Fütterungsgründen mit 4% Fett und 3.3% Eiweiss verarbeitet. Diese „Vollmilch“ muss gemäss EU-Standard aber auf 3.5% Fett und 3.3. Eiweiss angepasst werden. Logischerweise wird dann auch keine Inlandmilch mehr mit 4% Fett verkauft, da dies für die Milchverarbeiter 2 Maschinen oder 2 Umrüsteinstellungen und 2 verschiedene Milchverpackungen, Logistikkosten, usw., bedeuten würde.
    Also resultieren aufgrund dieser mind. 0,5% Fett (5 Gramm) pro kg verarbeitete Konsum-Milch ein Fettlager von ca. 2’465 Tonnen jährlich bei einer Konsummilchmenge von 493 Mio kg Milch, was auf Butter umgerechnet, 3007 Tonnen Butter pro Jahr ausmacht. Butter besteht aus 82% Fett und 18% Wasser/Übriges. Diese 3007 Tonnen Butter fallen also für die Verarbeiter praktisch gratis an, und könnten auch „verschenkt werden“. Da aber unsere Bauernvereine ziemlich doof sind, hat das noch niemand wirklich verstanden, und jetzt werden diese 3007 Tonnen Butter noch von den Milchproduzenten mitfinanziert, damit diese mit Weltmarktpreisen von ca. 8-10 Fr./kg Butter in den Osten verkauft werden können, oder noch billiger nach Deutschland. Natürlich alles im Glauben, der Butterberg von 3007 Tonnen sei aus „zu viel gemolkener Milch“ entstanden, was irrtümlich zu über 60’000 Tonnen Milch-Mehrmengen in der Statistik führen würde, wenn man für 1kg Butter etwa das 20-fache an Milch benötigt.
    Weil der Pro-Kopfkonsum in der Schweiz schon gesättigt ist, würde es auch keinen Sinn mehr machen, Butter alleine im Inland zu verramschen, da die Milchverwerter nun mal Geldgeil sind, und wegen den Export-Plänen noch eine Marktabräumung abkassieren wollen, die zum sowieso „Gratis-Butter“ noch dazu gezählt werden muss. Also: 0 Fr. Kosten für 1 kg Butter, ca. 8 Fr./kg Gewinn an Export zu Weltmarktpreisen, und dann noch etwa 3 Franken Export- oder Marktabräumungsprämie pro kg Butter, die die BO-Milch für die Milchverarbeiter gut spricht. Damit verdient der Butterhersteller also für praktisch keine Leistung (ausser Abpack- und Packungskosten + Wasser für die Butterherstellung) fast 11 Franken pro Kilo Butter (Transportkosten nicht eingerechnet). Ob die Lagerangaben von über 9000 Tonnen Butter tatsächlich der Realität entsprechen, oder ob die Milchverarbeiter absichtlich mehr Milch in die Butterproduktion fliessen lassen, um den Milchpreis zu drücken, kann ich nicht sagen. Diesen Zahlen ist sowieso sehr zu misstrauen, da der CH-Milchmarkt sehr intransparent ist. Sicher ist nur: Von einer Grenzschutzdebatte würden auch nur wieder die Händler und Milchverwerter verdienen, aber nie der Milchproduzent.

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