Was ist der ökonomische Wert von räumlich hochaufgelösten Informationen in der Stickstoffdüngung?

Von Karin Späti, Robert Huber und Robert Finger*. Ein effizienter Stickstoffeinsatz ist zentral für eine nachhaltige Landwirtschaft. Räumliche Informationen können helfen, Stickstoffverluste zu minimeren. Lohnt sich das für den Landwirt?

Hoher Stickstoffeinsatz und die damit verbundene Verschmutzung von aquatischen und terrestrischen Ökosystemen ist eine grosse Herausforderung für die landwirtschaftliche Produktion (z.B. Wüpper et al. 2020). Technologien zur teilflächenspezifischen Stickstoffdüngung können helfen, Stickstoffverluste zu verringern, indem die richtige Düngermenge zur richtigen Zeit und am richtigen Ort ausgebracht werden kann (Finger et al., 2019). Dadurch kann die Stickstoffnutzungseffizienz erhöht werden, was zu einem nachhaltigeren landwirtschaftlichen Produktionssystem beiträgt. Zwar ist die Anwendungsrate dieser Technologien in den für Europa charakteristischen kleinbäuerlichen Systemen noch gering, doch aktuelle technologische Entwicklungen eröffnen vielversprechende Perspektiven für die Zukunft der Präzisionslandwirtschaft. Dabei spielen insbesondere die Weiterentwicklungen neuer Technologien, die immer bessere und räumlich hochaufgelöste Informationen liefern, wie Satelliten, Drohnen etc. möglicherweise eine grosse Rolle (Walter et al., 2017).

In einem kürzlich in der Fachzeitschrift Ecological Economics veröffentlichten Beitrag (Späti et al., 2021) untersuchen wir, welche Messtechnik (Drohen, Satellitenbilder, Stickstoffsensoren, Handmessgeräte oder Bodenproben) Informationen liefert, die genau genug sind, um für Landwirte in Verbindung mit teilflächenspezifischer Düngung nützlich zu sein. Insbesondere analysieren wir, wie genauere räumliche Informationen durch angepassten Inputeinsatz und daraus resultierenden Änderungen in Kosten und Erlösen durch Landwirte in Wert gesetzt werden kann.

Dazu entwickelten wir ein bio-ökonomisches Simulationsmodell. Als Grundlage nahmen wir an, dass ein beispielhaftes Feld in der Grösse von einem Hektar in drei unterschiedliche Bodentypen unterteilt werden kann. Die Bodentypen innerhalb der Beispielfläche weisen unterschiedliche Zusammensetzungen und somit unterschiedliche Produktionsbedingungen auf. Das heisst, die gleiche Menge Stickstoff führt je nach Bodentyp zu unterschiedlichen Erträgen. Der Zusammenhang zwischen Stickstoff und Ertrag aus unterschiedlichen Bodentypen wurde aus Daten eines Pflanzenwachstumsmodells (Finger et al., 2011) ermittelt. Die Zusammensetzung der Bodentypen wurde anschliessen zufällig variiert, so dass Felder mit unterschiedlichen Anteilen der Bodentypen, sowie unterschiedlicher Anordnung der Bodentypen (räumliche Autokorrelation) entstanden. In unserem Modell nahmen wir nun an, dass die unterschiedlichen Technologien wie Drohnen oder Satelliten die simulierte Heterogenität der Bodentypen im Feld unterschiedlich genau identifizieren können. Je genauer die räumliche Information, desto wahrscheinlicher kann der Stickstoff so ausgebracht werden, dass er dem wirtschaftlichen Optimum entspricht, d.h. dem Inputeinsatz mit dem höchsten Deckungsbeitrag des jeweiligen Bodentyps.

Unsere Simulationsergebnisse zeigen, dass eine hochauflösende Technologie (Bsp. Drohne) auf Feldern, die eine höhere räumliche Heterogenität der Bodenbedingungen und eine geringere räumliche Autokorrelation der verschiedenen Bodentypen aufweisen am meisten Nutzen bringen (Abbildung 1).

Abbildung 1: Vorhersage, unter welchen räumlichen Charakteristiken eines Feldes der Einsatz welcher Informationstechnologie den höchsten Nettoertrag bringt. Lesebeispiel: Weist eine Parzelle eine geringe Heterogenität der Bodentypen auf, dann reichen Bodenproben mit einer tiefen räumlichen Auflösung wie z.B. Bodenproben aus (unten links). Je heterogener das Feld wird, desto lukrativer wird der Einsatz von Technologien mit einer höheren Auflösung wie beispielsweise Satteli-tenbildern (oben links). Diese Vermögen auch noch eine gewisse Heterogenität in der räumlichen Anordnung abzudecken. Geht jedoch der Zusammenhang (die Autokorrelation) zwischen den unterschiedlichen Bodentypen verloren, dann wird eine hochauflösende Technologie optimal, unabhängig vom Anteil der unterschiedlichen Bodentypen (rechter Teil der Abbildung).

Im Allgemeinen stellen wir aber fest, dass teilflächenspezifische Düngung in unserer beispielhaften Analyse unter den derzeitigen Bedingungen d.h. Preisen für Dünger und Weizen nur begrenzte wirtschaftliche Vorteile bietet. Die Ergebnisse zeigen zudem, dass hochauflösende Technologien zu höheren Deckungsbeiträgen durch tiefere Kosten und/oder höhere Erlöse führen können. Diese bleiben aber auch bei einem hohen Grad an räumlicher Heterogenität innerhalb eines Feldes gering. Der Mehrwert durch sehr detaillierte Informationen wie beispielsweise durch eine Drohne beläuft sich im Vergleich zu Methoden mit geringerer Auflösung wie Bodenproben oder Satelliten im Durchschnitt auf ca. 6.5 Franken pro ha. Mehr dürften diese zusätzlichen räumlichen Informationen gemäss unseren Berechnungen dann auch nicht kosten. Es kann daher sein, dass sich die Investition in diese Technologien für kleine landwirtschaftliche Betriebe nicht lohnt und dass die zusätzlichen Vorteile die damit verbundenen Kosten nicht aufwiegen.

Das bedeutet, dass Landwirte trotz der Umweltvorteile einer teilflächenspezifischen Stickstoffdüngung im Allgemeinen und des Einsatzes von hochauflösenden Messmethoden im Besonderen, ohne zusätzliche Anreize die Technologie nicht übernehmen. Folglich wären spezifische politische Maßnahmen nötig, um den Weg für die ökologischen Vorteile zu ebnen, die sich aus der Präzisionslandwirtschaft ergeben. Eine Möglichkeit, die Attraktivität und damit Adoptionsraten zu erhöhen, könnte darin bestehen, den Landwirten finanzielle Anreize in Form von Subventionen und/oder Stickstoffsteuern zu bieten. Technologieanbieter, wie z. B. Lohnunternehmer, könnten ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Technologieadoption in kleinbäuerlichen Systemen spielen, da sie die Kosten für den einzelnen Betrieb senken können.

Referenzen

Finger, R., Swinton, S. M., Benni, N. E. & Walter, A. Precision farming at the nexus of agricultural production and the environment. Ann. Rev. Resour. Econ. 11, 1–23 (2019). https://doi.org/10.1146/annurev-resource-100518-093929

Finger, R., Hediger, W., Schmid, S. (2011). Irrigation as Adaptation Strategy to Climate Change: A Biophysical and Economic Appraisal for Swiss Maize Production. Climatic Change 105(3-4): 509-528

Späti, K., Huber, R. , Finger, R. (2021). Benefits of Increasing Information Accuracy in Variable Rate Technologies. Ecological Economics 185: 107047 https://doi.org/10.1016/j.ecolecon.2021.107047 (open access)

Walter, A., Finger, R., Huber, R., Buchmann, N. (2017). Smart farming is key to developing sustainable agriculture. Proceedings of the National Academy of Sciences USA 114 (24) 6148-6150 https://doi.org/10.1073/pnas.1707462114

Wuepper, D., Borrelli, P. & Finger, R. Countries and the global rate of soil erosion. Nature Sustainability 3 (2020). https://doi.org/10.1038/s41893-019-0438-4

*Karin Späti, Robert Huber und Robert Finger sind an der ETH Zürich

Dieser Beitrag ist im InnoFarm Projekt entstanden, dass im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms „Nachhaltige Wirtschaft: ressourcenschonend, zukunftsfähig, innovativ“ (NFP 73) des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) durchgeführt wird. Mehr Informationen finden Sie hier http://www.nfp73.ch/de

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