Willemijn Vroege, Janic Bucheli, Tobias Dalhaus, Martin Hirschi und Robert Finger*
Dürren sind ein erhebliches Risiko für viele Europäische Landwirte. Zudem verstärkt der Klimawandel das Trockenheitsrisiko vielerorts. Das Management von Dürrerisiken ist für landwirtschaftliche Betriebe daher von grosser und steigender Bedeutung (Finger und El Benni, 2021). Versicherungen spielen dabei eine wichtige Rolle. Indexversicherungen eignen sich besonders für die Deckung von Dürrerisiken, da die Auszahlungen lediglich von einem unabhängigen Dürreindex und nicht mittels klassischer Schadensermittlung bestimmt werden. Das erlaubt auch bei zeitgleich auftretenden Schäden in grossen Regionen eine schnelle und günstige Auszahlung sobald ein Dürreereignis eingetreten ist.
In einem kürzlich im Fachjournal «European Review of Agricultural Economics» veröffentlichten Paper haben wir untersucht, welche Rolle Satelliten für diese Art von Dürreversicherungen spielen können (Vroege et al., 2021).
In dieser Arbeit untersuchen wir, ob Versicherungen, die auf Bodenfeuchtedaten basieren, das finanzielle Dürrerisiko von Ackerbaubetrieben reduzieren können. In unserer empirischen Anwendung nutzen wir langjährige Ertragsdaten von grossen Weizen-, Mais- und Rapsproduzenten in Ostdeutschland, wo ein besonders grosses Dürrerisiko besteht. In dem wir den empirischen Zusammenhang zwischen historischen Erträgen und Bodenfeuchte ermitteln, konstruieren wir individuelle, betriebsspezifische Dürreindexversicherungen für diese Betriebe.
Dabei nutzen wir zwei Informationsquellen für die Bodenfeuchte: A) ein satelliten-basiertes Produkt der European Space Agency (ESA) mit einer räumlichen Auflösung von 0.25° und täglichen Messungen, welche wir zur relativen Sättigung des Bodens skalieren; B) das Modellprodukt des Deutschen Wetterdienstes (DWD) basierend auf Stationsdaten mit einer räumlichen Auflösung von 1 km x 1km und täglichen Observationen, welche die Bodenfeuchte relativ zur pflanzenverfügbaren Feldkapazität anzeigen.

Abbildung 1: Bodenfeuchte basierend auf Satellitenmessungen (ESA CCI) in % zur Sättigung und ermittelt am 150ten Tag des Jahres 2015. Siehe Vroege et al. 2021

Abbildung 2: Modellierte Bodenfeuchte basierend Stationsdaten (DWD) in % der pflanzenverfügbaren Feldkapazität und ermittelt am 150ten Tag des Jahres 2015. Siehe Vroege et al. 2021
Abbildung 1 und 2 zeigen beispielhaft die Bodenfeuchteinformation beider Produkte an einem bestimmten Tag. Der Gradient Blau zu Rot gibt sinkende Bodenfeuchte an. Das Satellitenprodukt ist räumlich vergleichsweise grob aufgelöst und weniger ‘glatt’ als die modellierte Bodenfeuchte des DWD Produktes. Trotzdem (oder gerade deswegen) haben die Satelliteninformationen ebenfalls einen hohen Erklärungsgehalt für beobachtete Ernteerträge.
Unsere Resultate zeigen, dass die hier analysierten Indexversicherungen basierend auf beiden Bodenfeuchteprodukten die Risikoexposition der Landwirte im Vergleich zur Situation ohne Versicherung im Mittel signifikant verringern können. Unsere Ergebnisse zeigen auch, dass Dürrerisiken und daher auch die vorgeschlagenen Versicherungslösungen in der Fallstudienregion von grosser ökonomischer Relevanz sind. Die durchschnittliche relative Risikoreduktion der satelliten-basierten Versicherung zum Beispiel entspricht dabei rund 6.6% für Winterweizen, 5.8% für Winterraps und 5.6% für Mais. Diese Risikoreduktion kann für Winterweizen und Mais signifikant höher als bei einer Versicherung basierend auf modellierte Bodenfeuchteinformationen sein.
Satelliten eröffnen Möglichkeiten für die Entwicklung neuer Versicherungsprodukte gegen Dürre, die eine sofortige Entschädigung für eine grosse Anzahl von Landwirten zur gleichen Zeit ermöglichen. Unsere Ergebnisse zeigen, dass es massgeschneiderte, betriebs- und kulturspezifische Indexversicherungslösungen braucht. Deswegen sollten Versicherungsunternehmen mehr betriebsspezifische Informationen nutzen, wenn sie landwirtschaftlichen Betrieben Versicherungen anbieten. Um dies zu vereinfachen können politische Entscheidungsträger die Datenverfügbarkeit und -zugänglichkeit für Versicherer erweitern. Unsere Analyse unterstreicht zum Beispiel den Wert von qualitativ hochwertigen Satellitenbildern, Wetterstations-, Phänologie- und Ernteertragsdaten. Das Verfügbarmachen solcher Daten ist zentral für bessere Versicherungslösungen in der Landwirtschaft, und bietet eine vielversprechende Alternative zu Prämiensubventionen.
Referenzen
Finger, R., El Benni, N. (2021). Farm income in European agriculture: new perspectives on measurement and implications for policy evaluation. European Review of Agricultural Economics https://doi.org/10.1093/erae/jbab011 (open access)
Vroege. W., Bucheli, J., Dalhaus, T., Hirschi, M., Finger, R. (2021). Insuring crops from space: The potential of satellite retrieved soil moisture to reduce farmers’ drought risk exposure. European Review of Agricultural Economics. https://doi.org/10.1093/erae/jbab010 (open access)
*Willemijn Vroege ist ehemalige Doktorandin an der Gruppe Agrarökonomie und -politik der ETH Zürich (jetzt AXA XL), Janic Bucheli und Robert Finger sind an der Gruppe Agrarökonomie und -politik, Tobias Dalhaus ist an der Wageningen University, Martin Hirschi am Institut für Atmosphäre und Klima der ETH Zürich
**Der Beitrag ist Teil des Special Issues zu Einkommen in der europäischen Landwirtschaft in der European Review of Agricultural Economics https://agrarpolitik-blog.com/2021/02/18/einkommen-in-der-europaischen-landwirtschaft-neue-perspektiven-und-implikationen-fur-die-politikbewertung/