Matteo Aepli.* Ein Freihandelsabkommen mit China ist für die Schweizer Agrarwirtschaft nicht nur Fluch. Der Agraraussenhandel zwischen der Schweiz und China ist immer noch auf tiefem Niveau und hat Potential nach oben. Der Marktzugang für Schweizer Unternehmen ist dabei zentral.
Auf den ersten Blick scheint der Agrarbereich einmal mehr die Knacknuss beim Freihandelsabkommen mit China zu sein. Oft wird proklamiert, dass die Landwirtschaft als Opfergabe auf dem Freihandelstisch diene, um den Schweizer Investitionsgütern und Dienstleistungen die Tore für die ausländischen Märkte zu öffnen.
Insgesamt ist der Agraraussenhandel zwischen der Schweiz und China noch auf tiefem Niveau. Im letzten Jahr wurden Waren mit einem Wert von knapp über 100 Mio. CHF aus China importiert. Ein Fünftel davon ist Tierfutter. Je 14 Mio. CHF fallen auf Gemüse und Zubereitungen von Gemüsen und Früchten. Die Schweizer Exporte nach China beliefen sich in der gleichen Zeit auf 56 Mio. CHF, wobei ein Viertel davon auf Backwaren und auf weitere Zubereitungen auf der Grundlage von Getreide und Mehl zurückzuführen ist. Die Exporte von Milchprodukten lagen bei 8 Mio. CHF und jene von Zuckerwaren und Zubereitungen aus Kakao zusammen bei knapp 7 Mio. CHF. Im Vergleich zu den gesamten Agrarimporten und -exporten der Schweiz ist das sehr gering. Potential nach oben ist vorhanden.
Es ist durchaus so, dass sich im Falle eines Freihandelsabkommen mit China volkswirtschaftliche Gesamtinteressen und einzelne Interessen der Agrarwirtschaft, besonders der Landwirtschaft, entgegenstehen. Im Fokus steht eine mögliche Zunahme bei Importen von Agrarrohstoffen, besonders Zucker, Gemüse und Zubereitungen von Gemüse, die von der Schweizer Landwirtschaft als bedrohlich empfunden wird. Gleichzeitig kann aber die Schweizer Agrarwirtschaft auch selber von einem Freihandelsabkommen mit China profitieren. Es sei daran erinnert, dass sich China in den letzten Jahren vom Agrarnettoexporteur zum Agrarimporteur entwickelt hat. Die Schweizer Nahrungsmittelindustrie wird sich in Zukunft noch stärker auf die wachsenden Märkte ausrichten. Mit der zunehmenden Kaufkraft und dem mehr und mehr westlich geprägten Konsumverhalten in urbanen Zentren Chinas entsteht ein Potential für Schweizer Nahrungsmittel wie Milchprodukte, Backwaren oder Zuckerwaren. Diese Potentiale können nur dann auch erschlossen werden, wenn die bestehenden Handelshemmnisse abgebaut werden. Insofern ist die Agrarwirtschaft nicht nur eine Verliererin, sondern langfristig auch eine Gewinnerin aus einem Freihandelsabkommen.
Schliesslich bleibt es eine politische Frage, ob und wie mögliche Verluste der Landwirtschaft bei einem Freihandelsabkommens kompensiert werden. Diese Frage wird sich im Falle Chinas nicht zum letzten Mal stellen. Denn weitere Freihandelsabkommen werden folgen. Obwohl zurzeit politisch wohl kaum machbar, wäre nach China ein nächster Meilenstein in der Schweizer Aussenhandelspolitik ein Freihandelsabkommen mit der Freihandelszone Mercosur (Brasilien, Argentinien, Paraguay, Uruguay und bald auch Venezuela).
*Matteo Aepli, Gruppe Agrar-, Lebensmittel und Umweltökonomie, ETH Zürich