Matteo Aepli. Trotz einigen methodischen Kritikpunkten verdeutlicht die Studie der hotelleriesuisse einmal mehr, dass der Grenzschutz im Agrarbereich die Wettbewerbsfähigkeit verschiedener Branchen negativ beeinträchtigt.
Nachdem in den letzten Jahren mehrere Studien die Auswirkungen eines FHAL auf die verschiedenen Stufen der Agrarwertschöpfungskette untersucht haben, hat nun auch die hotelleriesuisse mit einer Studie ihre positive Haltung gegenüber einer Marktöffnung unterstrichen. Gemäss der durch das BAK Basel durchgeführten Studie bezahlt das Schweizer Gastgewerbe 1-1.5 Milliarden mehr für Vorleistungen, als das Gastgewerbe im nahen Ausland für die gleichen Vorleistungen bezahlen müsste. Unter der strengen Annahme, dass sich die Preise in der Schweiz vollständig dem ausländischen Niveau anpassen werden, berechnet das BAK eine Senkung der Kosten für Vorleistungen um mehr als 7%. Bei einer vollständigen Weitergabe dieser Kostenvorteile an die Konsumenten („Preistransmission“), würde sich die Preisdifferenz in der Tourismuswirtschaft zwischen der Schweiz und dem Ausland um einen Viertel verringern. Die Branche könnte dadurch ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern.
Die Resultate aus den Berechnungen in der Studie sind aber mit Vorsicht zu geniessen. Erstens ist durchaus in Frage zu stellen, ob sich die Preisdifferenz zwischen der Schweiz und dem nahen Ausland bei den Nahrungsmitteln im Falle eines Freihandelsabkommen vollständig beseitigen lässt. Das Preisniveau der Schweiz wird vermutlich leicht über jenem der umliegenden Länder blieben (z.B. aufgrund des hohen Qualitätniveaus) . Zweitens ist es ebenso unklar, ob eine vollständige Preistransmission bis zum Konsumenten stattfindet. Schliesslich wurden in der Studie nur Punktschätzungen vorgenommen – was aus statistischer Sicht unvollständig ist – und keine Sensitivitäten bezüglich Veränderungen bei den getroffenen Annahmen gerechnet.
Trotz den methodischen Schwachpunkten der Studie verdeutlicht sich einmal mehr, dass der teils hohe Grenzschutz besonders bei den Agrarrohstoffen die Wettbewerbsfähigkeit verschiedener Branchen negativ beeinträchtigen kann. Das ist unbestritten. Zur Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Tourismuswirtschaft insbesondere der Gastronomie bleibt aber so einiges unangesprochen. Auch bei gleichem Kostenniveau für Nahrungsmittel wie im nahen Ausland wäre die Gastronomie – besonders das wirtschaftlich mittlere und untere Drittel – nur begrenzt wettbewerbsfähig. Die tiefe Arbeitsproduktivität und der Innovationsstau der letzten Jahre rufen nach stärkeren strukturellen Anpassungen. Insofern sitzen Gastronomie und Landwirtschaft im selben Boot.
Was schliesslich die Diskussionen um ein Freihandelsabkommen im Agrarbereich mit der EU betrifft, sind die grundsätzlichen Erkenntnisse aus der Studie zwar interessant, entsprechen aber durchaus den Erwartungen. Nach einigen Jahren intensiver Diskussion scheint es so, als die Akteure ihre Position mehrheitlich bezogen haben und das Wichtigste gesagt ist. Nun gilt es abzuwarten, welches Ergebnis die Verhandlungen bringen.
Link zur Studie.