Robert Finger, Robert Huber, Nina Buchmann, Achim Walter*
Präzisionslandwirtschaft kann den ökologischen Fussabdruck der Landwirtschaft reduzieren, ohne die Produktion von Nahrungsmitteln zu verringern. Um dieses Potenzial auch in der kleinräumigen und kleinstrukturierten Schweizer Landwirtschaft zu nutzen, muss die Politik kohärente Rahmenbedingungen bieten. Eine gezielte Förderung von digitaler Infrastruktur, interdisziplinärem Wissen zur Präzisionslandwirtschaft und koordiniertem Datenmanagement, in Kombination mit finanziellen Anreizen zur Reduktion von negativen Auswirkungen auf die Umwelt, kann die Nachhaltigkeit der Schweizer Landwirtschaft stärken
Das Projekt InnoFarm
Im Rahmen des Projekts «InnoFarm» untersuchten wir das Potenzial der Präzisionslandwirtschaft für die Schweizer Landwirtschaft. Der Fokus unserer interdisziplinären Forschung lag auf Technologien, welche es erlauben, Inputs wie Stickstoff gezielter einzusetzen. Dabei kann besonders die Ausbringung von Dünger im Feld (nur dort, wo nötig) und über die Zeit (nur dann, wenn nötig) gezielter stattfinden. Eine angepasste Ausbringung kann bei gleicher oder höherer Produktion negative Umweltauswirkungen reduzieren. Dies kann auch einen Beitrag zur Etablierung von umfassenderen Smart-Farming-Ansätzen in der Schweizer Landwirtschaft liefern.
Mit Sensoren auf dem Feld präzise messen
Die im Projekt durchgeführten Feldversuche zeigen, dass Sensoren die genaue Verteilung des Stickstoffbedarfs, aber auch die Emissionen von Lachgas sehr präzise messen können. So können Satelliten oder Drohnen Daten liefern, die dazu beitragen, den Stickstoffeinsatz in der Schweizer Landwirtschaft bei gleichbleibendem Ertrag deutlich zu reduzieren.

Farbbild (a) und daraus errechnete Karten (b-d, rechts) der spektralen Kenngrösse Normalized Difference Vegetation Index (NDVI) mit mehreren räumlichen Auflösungen (Ground Sampling Distance GSD). Eine GSD von 0,5 m kann mit Hilfe von Drohnen erreicht werden; eine GSD von 20 m mit frei verfügbaren Satellitendaten. Der spektrale Index NDVI stellt ein Mass für die Grünheit der Vegetation dar und erlaubt unter bestimmten Voraussetzungen eine teilflächenspezifische Bemessung der Stickstoffdüngung. Quelle: Quirina Merz, ETH Zürich
N2O-und CO2 Austausch im Ackerbau optimieren
Hochaufgelöste Messungen des Austauschs von klimarelevanten Gasen wie Lachgas (N2 O) und Kohlendioxid (CO2 ) zwischen dem Acker und der Atmosphäre zeigen, dass Fruchtfolgen mit ganzjährig hohem Bedeckungsgrad negative Umweltwirkungen reduzieren. Zudem kann eine bessere zeitliche Abstimmung der Stickstoff-Düngergaben auf das Entwicklungsstadium und damit auf den Stickstoff-Bedarf der Pflanze den Stickstoff-
Verlust durch Lachgas reduzieren.
Präzisionslandwirtschaft ist noch (zu) teuer
Die Umsetzung von Präzisionslandwirtschaft, zum Beispiel zur gezielteren Düngeranwendung, ist aber oft mit einem hohen Investitionsbedarf verbunden. Die ökonomische Analyse zeigt, dass finanzielle Mehrwerte für Landwirte und Landwirtinnen vorhanden, oft aber noch zu klein sind, um die hohen Investitionen auszulösen. Steigende Düngerpreise machen die Präzisionslandwirtschaft jedoch attraktiver. Auch überbetriebliche Zusammenarbeit und staatliche Unterstützung erhöhen ihre Nutzung. Eine Befragung zeigt, dass Schweizer Bäuerinnen und Bauern offen sind, Präzisionslandwirtschaft einzusetzen, wenn diese Technologie, wie z.B. eine teilflächenspezifische Stickstoffdüngung, zuverlässig ist und technischer Support vorhanden ist.

Fazit
Unsere Ergebnisse legen nahe, dass es eine ganzheitliche Perspektive für die politischen Rahmenbedingungen der Präzisionslandwirtschaft in der Schweiz braucht. Dazu gehören fünf Aspekte:
- Eine stärkere Etablierung digitaler Infrastruktur, welche den Zugang der Bäuerinnen und Bauern zu neuen digitalen Technologien und Daten erleichtert;
- Förderung von Wissen zu neuen Technologien und deren Nutzen sowohl durch Aus- und Weiterbildungen als auch durch Austausch in bäuerlichen Netzwerken;
- Kohärente Regelung für die Nutzung von Daten, damit Synergien mit den bestehenden agrarpolitischen Massnahmen und digitalen Aufzeichnungstools
entstehen; - Überbetriebliche Perspektiven und/oder Anreize, da grosse Investitionen nicht auf jedem Betrieb sinnvoll sind;
- Expliziter Fokus auf die Reduktion der negativen Umweltauswirkungen der landwirtschaftlichen Produktion (z.B. Vermeidung von Kohlenstoff- und Stickstoffverlusten) und nicht auf die Förderung spezifischer Technologien. Dazu müssen (digitale) Technologien wie diejenigen, die in der Präzisionslandwirtschaft eingesetzt werden, in ganzheitliche Politikansätze eingebettet werden
*AutorInnen: Robert Finger, Robert Huber, Nina Buchmann, Achim Walter (alle ETH Zürich). Kontakt: rofinger@ethz.ch. Website des Projektes: https://innofarm-projekt.org/
Dieser Beitrag ist als Policy Brief des NFP73 erschienen https://nfp73.ch. Eine französische Version des Policy Brief finden Sie hier https://nfp73.ch/download/72/230330_SNF_NFP73_PB_Finger_FR.pdf?inline=true
Das Projekt und dieser Policy Brief wurde vom Nationalen Forschungsprogramm « Nachhaltige Wirtschaft » ( NFP 73 ) des Schweizerischen Nationalfonds finanziert. Grosser Dank geht an die Doktorandinnen im Projekt: Karin Späti, Quirina Merz und Regine Maier, sowie an das Programmanagement und Kommunikationsteam des NFP73. Ein weiterer Dank geht an alle beteiligten Landwirte und Stakeholder, insbesondere dem Solothurnischen Bauernverband (SOBV) und den kantonalen Landwirtschaftsämtern in Solothurn und Bern.
Referenzen
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Maier, R., Hörtnagl, L., Buchmann, N., 2022. Greenhouse gas fluxes (CO2, N2O and CH4) of pea and maize during two cropping seasons: Drivers, budgets, and emission factors for nitrous oxide. Science of The Total Environment 849, 157541.
Paul-Limoges, E., Revill, A., Maier, R., Buchmann, N., Damm, A., 2022. Insights for the Partitioning of Ecosystem Evaporation and Transpiration in Short-Statured Croplands. Journal of Geophysical Research: Biogeosciences 127, e2021JG006760.
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