Robert Finger, Nina Buchmann, Martin Quaas, Birgit Müller*
Der Klimawandel stellt eine der grössten Herausforderungen für die Landwirtschaft dar, auch in Europa. Insbesondere eine Zunahme extremer Wetterereignisse wird voraussichtlich starke Auswirkungen auf Erträge, wirtschaftlichen Erfolg und die Bereitstellung von Ökosystemleistungen haben. Auch graslandbasierte Produktionssysteme müssen sich im Kontext zunehmender Klimarisiken und den Klimawandel anpassen.
In einem neuen vom Schweizerischen Nationalfonds und der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanzierten Projekt InsuranceGrass ‘Assessment of formal, natural and social insurances: how to cope best with impacts of extreme events on grasslands for sustainable farming systems?’ untersuchen wir, wie in graslandbasierten Produktionssystemen mit steigenden klimatischen Risiken umgegangen werden kann. Finanzielle Versicherungen können dazu einen Beitrag leisten, die Landwirte für entstandene Schäden kompensieren. Diese Lösungen können und sollen zwar verbessert werden, dies reicht aber nicht aus. Es braucht zudem auch natürliche Versicherungslösungen, die natürliche Mechanismen zur Risikovermeidung, zum Beispiel ein artenreiches, diverses Produktionssystem. Es braucht aber auch soziale Versicherungslösungen, in denen ProduzentInnen miteinander, aber auch mit KonsumentInnen Strategien zur Risikoabsicherung finden. Nur eine Kombination dieser Strategien führt zu einer wirtschaftlich, ökologisch und sozial nachhaltigen und resilienten Landwirtschaft. Hier wollen wir in unserem Projekt einen Beitrag leisten.
Wir untersuchen in InsuranceGrass die potenzielle Rolle von finanziellen, natürlichen und sozialen Versicherungslösungen für den besseren Umgang mit zunehmenden Klimarisiken. Insbesondere identifizieren wir das Zusammenspiel zwischen diesen Versicherungstypen auf Betriebs- und aggregierter Ebene, und ermitteln optimale Strategien für Politik und Industrie. Das Projekt beinhaltet unter anderem folgende Schritte:
- Identifikation neuer Wege für finanzielle Versicherungslösungen für Klimaextremereignisse in graslandbasierten Produktionssystemen, z.B. basierend auf Wetterindexversicherungen und Satellitenbildern.
- Quantifizierung der Rolle von natürlichen Versicherungen, die Produktionsrisiken auf natürliche Weise reduzieren, z.B. durch besonders artenreiches Grünland.
- Quantifizierung des Potenzials sozialer Versicherungslösungen, insbesondere bezüglich Vereinbarungen im Rahmen solidarischer Landwirtschaft und Zahlungen für Ökosystemleistungen.
Dabei verwenden wir Fallstudien von graslandbasierten Produktionssystemen in der Schweiz und in Deutschland. Die verwendeten Methoden reichen von Feldversuchen, Umfragen und Experimenten bis hin zu statistischen, ökologisch-ökonomischen und agentenbasierten Modellierungen.
Finanzielle, natürliche und soziale Versicherungslösungen können Substitute oder Komplemente sein, und dabei das Verhalten der Landwirte auf unterschiedliche Weise beeinflussen. Jede politische Intervention wie eine gezielte Unterstützung einer der drei Versicherungsformen wird daher Auswirkungen auf die anderen haben. Zum Beispiel können Subventionen für finanzielle Versicherungen die Anreize für Landwirte verringern, natürliche und soziale Versicherungen zu nutzen. Dies könnte die Landwirtschaft insgesamt weniger nachhaltig machen. In unserem Projekt identifizieren und quantifizieren wir diese trade-offs und entwickeln Lösungen für eine optimale, integrierte Politik, die diese trade-offs reduziert oder ganz vermeidet. Ziel ist es, für Industrie und Politik Strategien aufzuzeigen, wie verbessertes Risikomanagement zu einer wirtschaftlich, ökologisch und sozial nachhaltigeren und resilienteren Landwirtschaft beitragen kann.
Website: https://insurance-grass.org/
*Projektpartner: Robert Finger (ETH Zürich), Nina Buchmann (ETH Zürich), Martin Quaas (Leipzig University & German Centre for Integrative Biodiversity Research, iDiv), Birgit Müller (Helmholtz Centre for Environmental Research – UFZ, Leipzig, Germany)
Projektdauer: April 2022 – March 2025