David Wuepper, Pasquale Borrelli, Robert Finger
Die globale Degradierung von Böden ist ein wichtiges Problem, findet aber häufig weniger Aufmerksamkeit als z.B. der Klimawandel oder der Verlust von Biodiversität. Dabei verlieren wir besorgniserregend viel Boden z.B. durch Bodenerosion. Diese findet vor allem statt, wenn Böden ungeschützt dem Wetter ausgesetzt sind. Abbildung 1 zeigt die sichtliche Bodenerosion auf einem Olivenhain in Italien.
ABBILDUNG 1. BODENEROSION AUF EINEM OLIVEN FELD (BILD: ARTEMI CERDA)
Bis jetzt wurde angenommen, dass Bodenerosion hauptsächlich ein sehr lokales Problem ist. Allerdings kann man auf Satellitenbildern oft nationale Grenzen in der Bodenbedeckung erkennen und dies deutet darauf hin, dass die Länder in denen die Böden liegen vielleicht wichtiger sind, als bisher angenommen. Abbildung 2 zeigt z.B. einen kleinen Teil des Amazonas, der natürlicherweise komplett dunkelgrün wäre. Man sieht hingegen, dass die Seite von Brasilien braune Stellen hat, dort wo abgeholzt wurde. Das Beispiel darunter zeigt Agrarflächen in Mexiko und den USA. Auch hier ist die Umwelt sehr vergleichbar, aber die Felder in den USA sind dicht mit Pflanzen bedeckt (rot eingefärbt für bessere Sichtbarkeit), während die Felder in Mexiko deutlich weniger bedeckt sind (braune Böden sind hier blau eingefärbt). Das letzte Beispiel ist die Grenze von Kasachstan und China. Ähnlich wie im vorigen Beispiel sind die Felder auf der einen Seite der politischen Grenze deutlich mehr bedeckt als auf der anderen. All diese Beispiele weisend darauf hin, dass die Länder stark beeinflussen, wie Land genutzt wird, und somit, wieviel Bodenerosion verursacht wird. Welche Rolle Länder, ihre Politiken und Institutionen aber auf die Erosion haben blieb bis jetzt ungeklärt.
ABBILDUNG 2. VIELE LÄNDERGRENZEN BEEINFLUSSEN SICHTLICH DAS MUSTER DER LANDNUTZUNG (BILDER: NASA)
In einer kürzlich in Nature Sustainability veröffentlichten Studie haben wir die Frage nach dem Einfluss der Länder auf die globale Rate der Bodenerosion formal untersucht. Um einen kausalen Zusammenhang identifizieren zu können, haben wir eine geografische Regressions-Diskontinuitäts-Analyse benutzt. Diese statistische Methode erlaubt genau die sichtbaren Grenzsprünge aus Abbildung 2 zu quantifizieren, wobei allerdings noch für einige empirische Komplikationen korrigiert wird. Die Idee ist, Parzellen miteinander hinsichtlich ihrer Erosion zu vergleichen, die zwar identische Umweltbedingungen teilen, aber in 2 unterschiedlichen Ländern liegen. So lässt sich der Effekt der Länder identifizieren. Wir haben dies für alle Grenzen weltweit getan. Dazu haben wir globale Datensätze benutzt, die Bodenerosion, Umweltbedingungen, und weitere Variablen mit einer Auflösung von ca. 1 km2 abbilden. Unsere Hauptdatenquelle war eine Studie von P. Borelli et al. (2017), die sowohl die globale Erosionsrate quantifiziert hat, als auch verschiedene Einflussfaktoren, wie Topografie, Wetter, und Bodenbedeckung. Eine weitere wichtige Datenquelle war eine Studie von J. Bastin (2019), die global quantifiziert, wie die globale Vegetation verteilt wäre, gäbe es keinen menschlichen Einfluss.
Als Illustration unserer Analyse nehmen wir das Beispiel der Grenze zwischen den USA und Mexiko und beschränken uns auf landwirtschaftliche Flächen (Abbildung 3). Links sieht man wie sich das natürliche Erosionspotential als Funktion der Distanz zur Grenze verändert. Man sieht, dass dieses Potential in Mexiko höher ist als in den USA, aber es verändert sich kontinuierlich, und genau an der Grenze ist es sehr vergleichbar. Rechts hingegen sieht man den Einfluss der Bodenbedeckung auf die Bodenerosion, ebenfalls als Funktion der Distanz zur Grenze. Hier sieht man eine klare Diskontinuität genau an der Grenze und diese können wir nur durch den Einfluss der beiden Länder erklären.
ABBILDUNG 3. DIE DISKONIUITÄT ZWISCHEN DEN USA UND MEXIKO
Wir finden, dass Länder global einen grossen Einfluss auf ihre Bodenerosion haben, nämlich 1.4 Tonnen pro Hektar und Jahr Unterschied. Auf landwirtschaftlichen Flächen ist dies sogar 1.8 Tonnen pro Hektar und Jahr. Generell ist dieser Länder-Effekt auch hauptsächlich durch landwirtschaftliche Unterschiede zwischen den Ländern erklärbar, z.B. die Relevanz der Landwirtschaft am GDP und der Beschäftigung oder die landwirtschaftliche Intensität. Hingegen finden wir nicht, dass das Einkommensniveau oder die Bevölkerungsdichte der Länder ihren Effekt erklären kann. Insgesamt interpretieren wir unsere Ergebnisse so, dass der grosse Länder-Effekt ein Potential verdeutlicht, dass von Ländern und deren Politik und Institutionen auch für die Vermeidung von Erosion ausgeht. Nationale Aktivitäten aber auch internationale Kollaborationen können genutzt werden kann, um die globale Rate der Bodenerosion deutlich zu senken, mit grossen Nutzen für die Umwelt und die zukünftige landwirtschaftliche Produktivität und Ernährungssicherheit.
Referenzen
Wüpper, D., Borrelli, P., Finger, R. (2019). Countries and the global rate of soil erosion. Nature Sustainability doi:10.1038/s41893-019-0438-4. Freier Zugang zum paper über diesen Link http://be/bYbIX
Borrelli, P., et al. (2017). An assessment of the global impact of 21st century land use change on soil erosion.“ Nature Communications >> (open access)
Bastin, J., et al. (2019). The global tree restoration potential. Science >>
Beitrag zum paper in den ETH News: https://ethz.ch/de/news-und-veranstaltungen/eth-news/news/2019/12/was-weltweit-die-erosion-antreibt.html
«Behind the paper» blog: https://sustainabilitycommunity.nature.com/users/330463-david-wuepper/posts/57024-countries-and-the-global-rate-of-soil-erosion