Der Einfluss von geografischen Herkunftsbezeichnungen auf die Verwendung von pilzwiderstandsfähigen Rebsorten

Von Lucca Zachmann, Chloe McCallum, Robert Finger*

Der landwirtschaftliche Sektor steht vor der Herausforderung, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren, um Umwelt und menschliche Gesundheit zu schützen. Der Anbau von Weinreben könnte dabei eine zentrale Rolle spielen, da rund ein Drittel aller in der Schweizer Landwirtschaft ausgebrachten Pflanzenschutzmittel Fungizide sind, die in Rebbergen eingesetzt werden (de Baan 2020). Ein vielversprechender Ansatz ist der Anbau pilzwiderstandsfähiger Rebsorten, die weniger anfällig auf Pilzkrankheiten sind und somit den Fungizid Einsatz um rund 80% verringern können. Diese Sorten werden aktuell nur in geringem Umfang verwendet. So ist aktuell die Rebfläche in der Schweiz, die pilzwiderstandsfähigen Sorten gewidmet wird, bei 3.5% (Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) 2024).

Es gibt diverse Gründe, die den Anbau pilzwiderstandsfähiger Sorten momentan begrenzen (Finger, Zachmann, und McCallum 2023). Ein bis jetzt nicht analysierter möglicher Grund ist, dass das Anpflanzen pilzwiderstandsfähiger Sorten mit Richtlinien kollidieren, die geografische Herkunftsbezeichnungen unterstützen, da diese sich meist auf traditionelle Sorten konzentrieren. Geografische Herkunftsbezeichnung (wie AOC für „Appellation d’Origine Contrôlée“ oder DOC für „Denominazione di Origine Controllata“) ist ein zentrales Instrument zur Kennzeichnung von Qualität, Produktion und Herkunft in Agrar- und Lebensmittelmärkten. Wein ist dabei besonders relevant, da 46.7% aller geografisch geschützten landwirtschaftlichen Produkte in Europa Weine sind (European Commission 2022). In der Schweiz werden 90% des Weins mit AOC/DOC verkauft (Schweizerische Vereinigung der AOP-IGP 2022). Die vermehrte Aufnahme pilzwiderstandsfähiger Sorten in die Richtlinien geografischer Herkunftsbezeichnungen könnte daher eine effektive und kosteneffiziente Massnahme sein, um deren Anbau zu fördern und gleichzeitig das Risiko durch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu verringern. Der Effekt eines solches Schrittes wurde aber bisher noch nicht getestet und quantifiziert.

In einer kürzlich veröffentlichten Studie in der Fachzeitschrift Applied Economic Perspectives and Policy haben wir untersucht, ob und wie die Zulassung zu geografischen Herkunftsbezeichnungen die Anpflanzung von pilzwiderstandsfähigen Rebsorten beeinflusst (Zachmann, McCallum, und Finger 2025). Dazu verwendeten wir einen detaillierten Datensatz mit 54’483 beobachteten Sorten auf Grundlage von Umfragedaten von 381 Weinbau Betrieben in der Schweiz (Zachmann, McCallum, und Finger 2023). Wir nutzen dabei die Unterschiede in den Weinvorschriften der Schweizer Kantonen, die individuell festlegen, ob eine bestimmte Rebsorte als Wein mit geografischer Herkunftsbezeichnung vermarktet werden kann (Abbildung 1). Wie viele Rebsorten für geografische Bezeichnungen zugelassen sind, variiert stark zwischen den Kantonen – von 7 bis zu 120 zugelassenen Sorten pro Kanton. Einige Kantone erlauben keine pilzwiderstandsfähigen Sorten für geografische Herkunftsbezeichnung, während andere bis zu 32 verschiedene zulassen.

Abbildung 1: Zulassung einzelner Rebsorten zu geografischen Herkunftsbezeichnungen in den Schweizer Kantonen

Die geografische Herkunftsbezeichnung von Weinen bietet Signalwirkungen und führt zu Preisaufschlägen. Studien zeigen, dass das, was auf der Weinflasche steht (z.B. die geografische Herkunftsbezeichnung), oft einen grösseren Einfluss auf den Preis hat als der eigentliche Inhalt der Flasche (Alston und Gaeta 2021; Cardebat und Figuet 2004; Meloni und Swinnen 2013). Pilzwiderstandsfähige Sorten verursachen höhere Vermarktungskosten, da sie weniger bekannt sind. Die geografische Herkunftsbezeichnung kann helfen, Produktionsstandards zu vermitteln und so diese Kosten zu senken, da Verbraucher einfache Qualitätsmerkmale wie geografische Herkunftsbezeichnungen nutzen um auf die innere Qualität des Weins zu schliessen (Pedersen und Sharp 2021).

Wir nutzen ökonometrische Regressionsanalysen und kontrollieren für kantonale (z.B. Reputation), betriebsbezogene (z.B. Produktionssystem) sowie sortenspezifische Faktoren (z.B. önologische Eigenschaften), die Anbauentscheidungen beeinflussen. Dies ermöglicht es uns, den Effekt der Zulassung zu geografischen Herkunftsbezeichnungen auf die Anpflanzung pilzwiderstandsfähiger Rebsorten direkt zu schätzen.

Wir kommen zu zwei Hauptergebnissen. Erstens führt die Zulassung von pilzwiderstandsfähigen Rebsorten zu geografischen Herkunftsbezeichnungen zu einem positiven Effekt auf die Anpflanzung dieser Sorten durch Winzerinnen und Winzer. Das heisst, eine pilzwiderstandsfähige Sorte, die in einem Kanton zugelassen ist, wird dort mit 2% höherer Wahrscheinlichkeit angebaut als dieselbe Sorte in einem Kanton, in dem sie nicht zugelassen ist (Tabelle 1, Kolonne 1).

Zweitens stellen wir fest, dass dieser Effekt gering ist. Eine traditionelle Sorte, die in einem Kanton für geografische Herkunftsbezeichnungen zugelassen ist, wird dort mit einer um 5% höheren Wahrscheinlichkeit angebaut als in einem Kanton, in dem sie nicht zugelassen ist (Tabelle 1, Kolonne 2). Der Effekt für traditionelle Sorten ist somit mehr als doppelt so gross wie jener für pilzwiderstandsfähige Sorten. Dasselbe Muster zeigt sich auch bei der Intensität, also dem Flächenanteil der Anpflanzung der Sorten (Tabelle 1, Kolonnen 3 und 4).

Tabelle 1: Der Effekt von geografischer Herkunftsbezeichnung auf die Anpflanzung von pilzwiderstandsfähigen Rebsorten

Unsere Ergebnisse haben Implikationen für die Agrarpolitik. Pilzwiderstandsfähige Rebsorten sind ein vielversprechender Ansatz, um den Pflanzenschutzmitteleinsatz in der Landwirtschaft substanziell zu reduzieren, aber ihre Anpflanzungsrate ist derzeit gering. Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Anpflanzung pilzwiderstandfähiger Rebsorten durch die Aufnahme in geografische Herkunftskataloge gefördert werden kann. Diese politische Empfehlung ist zwar einfach umsetzbar und kostet wenig, aber ihre Wirkung ist nur gering. Daher sollten (neben bestehenden Massnahmen) auch andere ergänzende Massnahmen eingesetzt werden. Zum Beispiel gezielte Unterstützung und Information für Winzerinnen und Winzer, verstärkte und einheitliche Kennzeichnung von Wein, der aus pilzwiderstandsfähigen Sorten erzeugt wurde, sowie die Kommunikation ihres Pflanzenschutzmittel Reduktionspotenzials an die Verbraucher (siehe auch Finger, Zachmann, und McCallum 2023).

Studie (Open Access). Zachmann, Lucca, Chloe McCallum, and Robert Finger. 2025. The Effect of Geographical Denomination on the Uptake of Fungus-Resistant Grapes“. Applied Economic Perspectives and Policy. https://doi.org/10.1002/aepp.13512

*Autoren: Lucca Zachmann, Chloe McCallum, Robert Finger, Gruppe für Agrarökonomie und Agrarpolitik, ETH Zürich. Kontakt: lzachmann@ethz.ch

Referenzen

Alston, Julian M., und Davide Gaeta. 2021. „Reflections on the Political Economy of European Wine Appellations“. Italian Economic Journal 7 (2): 219–58. https://doi.org/10.1007/s40797-021-00145-4.

Baan, Laura de. 2020. „Agrarbericht 2020 – Wasser und Landwirtschaft“. https://2020.agrarbericht.ch/de/umwelt/wasser/verkauf-und-einsatz-von-pflanzenschutzmitteln.

Bundesamt für Landwirtschaft (BLW). 2024. „Das Weinjahr 2023“. https://www.blw.admin.ch/blw/de/home/nachhaltige-produktion/pflanzliche-produktion/weine-und-spirituosen/weinwirtschaftliche-statistik.html.

Cardebat, Jean-Marie, und Jean-Marc Figuet. 2004. „What Explains Bordeaux Wine Prices?“ Applied Economics Letters 11 (5): 293–96. https://doi.org/10.1080/1350485042000221544.

European Commission. 2022. „eAmbrosia: the EU geographical indications register“. 2022. https://ec.europa.eu/info/food-farming-fisheries/food-safety-and-quality/certification/quality-labels/geographical-indications-register/.

Finger, Robert, Lucca Zachmann, und Chloe McCallum. 2023. „Short Supply Chains and the Adoption of Fungus‐resistant Grapevine Varieties“. Applied Economic Perspectives and Policy 45 (3): 1753–75. https://doi.org/10.1002/aepp.13337.

Meloni, Giulia, und Johan Swinnen. 2013. „The Political Economy of European Wine Regulations“. Journal of Wine Economics 8 (3): 244–84. https://doi.org/10.1017/jwe.2013.33.

Pedersen, Maja Uhre, und Paul Sharp. 2021. „The Cost of Ignorance: Reputational Mark-up in the Market for Tuscan Red Wines“. International Journal of Wine Business Research, November. https://doi.org/10.1108/IJWBR-03-2021-0018.

Schweizerische Vereinigung der AOP-IGP. 2022. „Schweizerische Vereinigung der AOP-IGP – FAQ“. 2022. https://www.aop-igp.ch/#panel_9.

Zachmann, Lucca, Chloe McCallum, und Robert Finger. 2023. „Data on Swiss Grapevine Growers’ Production, Pest Management and Risk Management Decisions“. Data in Brief 51 (Dezember):109652. https://doi.org/10.1016/j.dib.2023.109652.

———. 2025. „The Effect of Geographical Denomination on the Uptake of Fungus-Resistant Grapes“. Applied Economic Perspectives and Policy. https://doi.org/10.1002/aepp.13512.

Diese Arbeit wurde mit Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds im Rahmen des Projekts ‘Evidence-based Transformation in Pesticide Governance’ (Grant 193762) realisiert. https://trapego.ch/de/ Grosser Dank gilt den Produzentinnen und Produzenten, die sich an der Umfrage beteiligt haben.

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About Robert Finger

I am professor of Agricultural Economics and Policy at ETH Zurich. Group Website: www.aecp.ethz.ch. Private Website: https://sites.google.com/view/fingerrobert/home